Wettbewerbshüterin: Kroes will Energiekonzerne zerschlagen
Die streitbare EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes bleibt auch im deutschen Bundestag bei ihrer Forderung nach einer Entflechtung der Energiekonzerne. Die hohen Preisunterschiede in der EU will sie nicht als Tatsache hinnehmen.
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Berlin - Bundesregierung und EU-Kommission dringen auf einen offenen europäischen Binnenmarkt für die Energiewirtschaft. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes verlangte im Wirtschaftsausschuss des Bundestages erneut mit Nachdruck eine Entflechtung der Energiekonzerne in der EU. Nur so könnten einheitliche niedrige Preise für Wirtschaft und Verbraucher erreicht werden.
Kroes verwies auf Preisunterschiede zwischen Deutschland und Großbritannien. In Deutschland sei zwar der Großhandelspreis für Strom zehn Prozent niedriger. Dennoch müssten die deutsche Industrie für den Strom 25 bis 30 Prozent und Privatkunden 31 Prozent mehr bezahlen als die britischen. 33 Prozent der EU-Bürger würden einer Umfrage zufolge hohe Energiepreise als eines ihrer Hauptprobleme betrachten, in Deutschland seien es sogar 46 Prozent.
Offene Märkte förden Klimaschutz
In ähnlicher Weise argumentierte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Joachim Wuermeling, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kroes. Jeder Bürger und jedes Industrieunternehmen sollte die Möglichkeit bekommen, überall in Europa Energie zu kaufen, sagte er zum Abschluss einer Fachkonferenz zur Energiepolitik. Ein offener Markt sei ein Beitrag zum Klimaschutz, zur Versorgungssicherheit und zu niedrigen Preisen.
Allerdings seien noch zahlreiche Maßnahmen nötig, bis das Netz zum "neutralen Marktplatz" werde. Nach den Worten Wuermelings sollen in den kommenden zwei Jahren Richtlinien zu einer weiteren Liberalisierung erarbeitet werden. Der Staatssekretär machte deutlich, dass er ähnlich wie Ressortchef Michael Glos (CSU) Bedenken gegen eine rechtliche Abtrennung der Leitungsnetze von den Stromkonzernen hat. Im Grunde fehle für einen funktionierenden Binnenmarkt die technische Infrastruktur. Zudem fehlten offenbar ökonomische Anreize, in den europäischen Energiemarkt zu investieren.
Wettbewerb lässt zu wünschen übrig
Trotz der Liberalisierung der Gas- und Strommärkte seit den 90er Jahren funktioniere der Wettbewerb immer noch nicht richtig. Der Energiemarkt sei nicht transparent. Eine Landesgrenze bilde nach wie vor eine erhebliche Barriere. Um für die Verbraucher echte Wahlmöglichkeiten zu schaffen, benötigten neue Anbieter Zugang zu den Netzen und den Kunden, sagte Kroes, die die Arbeit der deutschen Ratspräsidentschaft in der Energiepolitik wiederholt würdigte.
Sowohl im Ausschuss als auch in einer Bundestagsdebatte über Engpässe beim grenzüberschreitenden Stromhandel wies die CDU/CSU den Vorschlag der EU-Kommission zurück, die staatliche Regulierung einzustellen oder auf europäische Ebene zu verlagern. Ein solcher Schritt sei zumindestens verfrüht, sagte der Unions-Abgeordnete Franz Obermeier. (tso/dpa)
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