
© Boris Roessler/dpa
„Länder sind sich einig“: Deutschlandticket wird ab kommendem Jahr teurer
Für 49 Euro im Regionalverkehr durchs ganze Land fahren? Das wird zu dem Preis im nächsten Jahr nicht mehr machbar sein. Wie viel teurer es wird, ist noch unklar.
Stand:
Das Deutschlandticket wird ab kommendem Jahr teurer. „Die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister der Länder sind sich einig, dass es im Jahr 2025 eine Erhörung des Ticketpreises geben wird“, sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) nach einer Sonderkonferenz mit seinen Amtskolleginnen und -kollegen heute in Düsseldorf. Wie viel das Abo für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) dann kosten soll, sei derzeit nicht absehbar, betonte er. Bisher liegt der Preis bei 49 Euro im Monat.
Mehr Klarheit darüber soll es nach der kommenden Verkehrsministerkonferenz im Herbst geben, „wenn uns alle Zahlen, Daten und Fakten und insbesondere auch die politischen Entscheidungen des Bundes, die jetzt noch anstehen, zugrunde liegen“, sagte Krischer. „Wir wollen natürlich als Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister der Länder, die Attraktivität des Tickets erhalten. Wir werden alles dafür tun, dass diese Erhöhung so moderat wie möglich ausfällt.“
Die Erhöhung sei selbst dann erforderlich, wenn alle geplanten Mittel des Bundes und der Länger wie geplant flössen, heißt es im Beschluss der Ministerinnen und Minister. Doch besonders was die Finanzierung seitens des Bundes angeht, herrscht bei den Ländern und der Verkehrsbranche weiter Unsicherheit.
Immerhin habe der Bund nun endlich einen Kabinettsbeschluss zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes auf den Weg gebracht, der bestimmte Finanzierungsaspekte absichere, sagte Krischer. Auf diese Weise könne der Preis des Tickets in diesem Jahr wie vereinbart stabil gehalten werden.
Der Entwurf für eine Formulierungshilfe für einen entsprechenden Beschluss liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Er enthält unter anderem die Möglichkeit für die Verkehrsunternehmen, nicht genutzte Mittel aus dem Jahr 2023 auch für 2024 und - das ist neu - 2025 nutzen zu können. Vereinbart war das schon lange. Die notwendige Reform des Regionalisierungsgesetzes blieb die Regierung bisher aber schuldig.
Der nun angekündigte Kabinettsbeschluss müsse noch im Juli dieses Jahres im Kabinett verabschiedet werden, fordern die Länder - allerdings nicht, ohne vorher noch wesentliche Änderungen vorgenommen zu haben.
So sieht der Entwurf bisher vor, dass Regionalisierungsmittel in Höhe von 350 Millionen Euro, die zur Finanzierung des Deutschlandtickets im Jahr 2025 fließen sollen, vorerst zurückgehalten werden. Erst wenn das Land einen Nachweis über die Verwendung der Mittel vorlegt, soll das Geld ausgezahlt werden. Das könne demnach frühestens ab dem 1. September 2026 geschehen.
„Wir sollen also trotz der extrem angespannten finanziellen Lage in der Branche noch fast zwei Jahre warten, bis die Regionalisierungsmittel vollständig ausgezahlt werden, die der Bund längst zugesagt hat“, teilte der Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, Ingo Wortmann, im Anschluss an die Sonderkonferenz mit. „Das ist ein Unding und weder unternehmerisch noch wirtschaftlich vertretbar.“ Schon aktuell reichten die zur Verfügung stehenden Mittel kaum aus, um das Bestandsangebot zu finanzieren.
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Auch die Länder kritisieren die geplante vorläufige Kürzung der Regionalisierungsmittel. „Dies kann aus bekannten technischen Gründen in vielen Fällen nicht gewährleistet werden“, schreiben sie ihn ihrem Beschluss. Der Bund will außerdem, dass weitere Preissenkungen im Rahmen des Deutschlandtickets, zum Beispiel für Schülertickets, künftig nicht mehr aus den Regionalisierungsmitteln bezahlt werden. Die Länder müssten solche Angebote also alleine schultern. „Dies greift in die Länderhoheit ein und verringerte zudem den Absatz und erhöht so das Defizit des Deutschlandtickets zulasten von Bund und Ländern“, schreiben die Ministerinnen und Minister.
Bund kritisiert Länder
Vom Bund wiederum kam Kritik an der angekündigten Preiserhöhung. „Paradox ist es, wenn zugleich die Debatte über Preiserhöhungen länderseitig gestartet wird“, teilte der Grüne-Sprecher für Verkehrspolitik, Stefan Gelbhaar, mit. „Diese Spielchen müssen beendet werden. Nachdem die Übertragung der Bundesmittel gesichert ist, sind höhere Preise vom Tisch.“
Der Streit um die Finanzierung des Deutschlandtickets ist so alt wie das Abo selbst. Den Verkehrsunternehmen entstehen aufgrund des günstigeren Angebots hohe Einnahmeeinbußen. Bund und Länder hatten sich ursprünglich darauf verständigt, diese jeweils zur Hälfte auszugleichen. Die Regionalisierungsmittel, mit denen der Bund die Länder bei der Bereitstellung des ÖPNV unterstützt, wurden dafür erhöht. Dennoch kommt es immer wieder zu Streit um die langfristige Absicherung des Tickets, mit dem Inhaberinnen und Inhaber seit Mai vergangenen Jahres bundesweit in Bussen und Bahnen des ÖPNV unterwegs sein können.
Vor der Sonderkonferenz der Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) eine Sicherung des Deutschlandtickets gefordert.
„Von den Verkehrsministern in Land und Bund erwarten wir, dass sie eine dauerhafte und auskömmliche Finanzierung auf den Weg bringen“, sagte die Vorsitzende des DGB Nordrhein-Westfalen, Anja Weber, der „Rheinischen Post“ vom Montag.
„Die Mobilitätswende schaffen wir nur, wenn wir gleichermaßen in kostengünstige Tickets, Infrastruktur und Personal investieren“, sagte Weber der Zeitung weiter. „Es wäre fatal, diese drei Bereiche gegeneinander auszuspielen. Kürzungsdebatten bringen unser Land nicht weiter.“ Um das Land zukunftsfest aufzustellen, „müssen wir an die Schuldenbremse ran“.
Greenpeace fordert Baustopp auf der Straße
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace schlug vor, Geld in den öffentlichen Nahverkehr zu investieren statt in die Straße, um das Ticket zu finanzieren.
„Der sicherste Weg, um Bröckelbrücken zu sanieren und das Deutschlandticket zu finanzieren, ist, den Bau weiterer Autobahnen zu stoppen“, sagte Greenpeace-Mobilitätsexpertin Marion Tiemann. „Dann können alle Ressourcen in die Sanierung fließen, und es wäre immer noch genug Geld für ein langfristig gesichertes Deutschlandticket da.“
Das Deutschlandticket zu monatlich 49 Euro berechtigt bundesweit zur Fahrt mit dem gesamten Öffentlichen Personennahverkehr. Bund und Länder subventionieren das Angebot pro Jahr mit jeweils 1,5 Milliarden Euro. So sollen geringere Ticketeinnahmen der Verkehrsunternehmen abgefedert werden. (AFP, dpa, Reuters)
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