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Wirtschaft: Li Ka-shing: Der König Midas von Hongkong

Honkong Die Hongkonger nennen ihn schlicht "Supermann". Diesen Spitznamen hat Li Ka-shing mit einer Serie von spektakulären Geschäften gewonnen.

Honkong Die Hongkonger nennen ihn schlicht "Supermann". Diesen Spitznamen hat Li Ka-shing mit einer Serie von spektakulären Geschäften gewonnen. Sie haben den einst mittellosen Einwanderer aus Südchina zum zehntreichsten Menschen der Welt gemacht. Lis untrüglicher Riecher für Kapitalvermehrung ist in Asien legendär - und lässt ihn auch im Alter von 71 Jahren nicht im Stich: "König Midas", wie er in Hongkong auch heißt, machte in Europa im Herbst 1999 Schlagzeilen, als Hutchison Whampoa, das Flaggschiff seines verzweigten Firmenimperiums, seinen 44prozentigen Anteil an Orange an Mannesmann verkaufte. Es war einer von Lis größten Coups.

Doch auch aus der Mannesmann-Übernahme schlug der Unternehmer Kapital: Sie brachte Hutchison fünf Prozent an Vodafone ein. Der Mann mit dem siebten Sinn für Profite gab bald darauf rund ein Drittel davon ab - und sackte mehr als fünf Milliarden Dollar ein. Die Gewinne aus dem ersten europäischen Mobilfunk-Abenteuer investiert Li nun in UMTS-Lizenzen auf dem alten Kontinent. Mit der niederländischen KPN und dem japanischen Mobilfunkgiganten NTT DoCoMo will Hutchison über ein Joint Venture den europäischen Markt für Mobilfunkdienste der dritten Generation aufrollen.

Jetzt will Li sich auch in Italien engagieren. Gerüchten zufolge hat Hutchison Whampoa sich nach einer vorläufigen Vereinbarung mit 51 Prozent an dem italienischen Konsortium Andala UMTS beteiligt. Damit wäre die Deutsche Telekom, die ebenfalls an Andala interessiert ist aus dem Rennen. Das haben am Mittwoch alle Beteiligten demeniert. Doch die Spekulationen halten sich seit Tagen penetrant.

Dem schlauen Fuchs Li trauen Analysten eben auch diesmal zu, sich in Europa eine goldene Nase zu verdienen. Die wenigsten würden jedoch ihre Hand dafür ins Feuer legen, dass der knallharte Geschäftsmann dafür geduldig warten wird, bis seine Europa-Töchter in die schwarzen Zahlen kommen. Wie bei Orange halten es Analysten für denkbar, dass der kühle Rechner seine Anteile in ein paar Jahren wieder losschlägt, wenn sich dafür eine Gelegenheit bietet.

Li gilt als geborener Händler - und damit als Berufsopportunist. Das Handeln lernte er im Alter von 12 Jahren, als er nach dem Tod seines Vaters von der Schule musste und anfing, Plastikgürtel zu verkaufen. Seinen Topmanangern bläute Li erst vor kurzem ein, dass sich gute Händler emotional nie an einen Markt binden. Sonst fingen sie zu zögern an, wenn sie eigentlich aussteigen sollten. Li selbst hat nie gezaudert, wenn es darum ging, nach den Sternen zu greifen: 1979 übernahm er mit Huchison als erster Chinese ein ehrwürdiges britisches Handelshaus der damaligen Kolonie. Das Geld dafür hatte Li mit der Produktion von Plastikblumen und Immobiliendeals zusammenbekommen. Mit einer Serie gewagter Deals hat der Chairman Hutchison seitdem zu Hongkongs erstem Weltkonzern gemacht.

In Hongkong führt kein Weg an Li vorbei: Seiner Familie gehört rund ein Drittel der Marktkapitalisierung der dortigen Börse. Peking hätschelt Li unverhohlen. Aber auch umgekehrt gilt: Li hat beste Kontakte zur Volksrepublik. Parteichef Jian Zemin, zu dem er besonders gute Beziehungen entwickelte, nannte ihn einmal einen wahren Patrioten. Ausländer - Rupert Murdoch zum Beispiel - wissen diese Kontakte Lis zu nutzen.

Die Hongkonger scherzen, dass von jedem Dollar, der in der Stadt ausgegeben wird, fünf Prozent in den Taschen des Multimilliardärs landen. Supermärkte, Drogerien, Elektrizitätswerke, Immobilien, Häfen, Telekom-Unternehmen: Lis Geschäfte versorgen die Stadt mit allem Lebensnotwendigen. Wieselflinke Augen hinter einer altmodischen schwarzen Brille - Spötter sagen, sie erinnere an Harry Potter -, ein drahtiger Gang, allzeit ein gewinnendes Lächeln auf den Lippen: Auch mit über 70 sprüht der gertenschlanke Li vor Energie und Charisma. Li hat nur ein Hobby, das er aber exzessiv verfolgt: Golf. Bei diesem Spiel lassen sich bekanntlich vorzüglich Geschäfte machen. Im übrigen aber lebt Li zurückgezogen; über sein Privatleben ist wenig bekannt.

Die großväterliche Jovialität täuscht jedoch nicht über sein gewaltiges Selbstbewußtsein hinweg. Kritiker zerrt der Tycoon mit Vorliebe vor Gericht. Negative Statements zu Hutchison geben Analysten oft nur unter der Bedingung von Anonymität ab. Und der Demokratisierungsprozess, der in Hongkong 1997 eingeläutet wurde, behagt Li kaum.

Die meisten Hongkonger sind überzeugt, dass Li seinen Einfluss zumindest einmal missbraucht hat: Nach der Entführung seines Sohns soll Li 1996 angeblich 250 Millionen Dollar Lösgeld gezahlt und zugleich die Behörden umgangen haben. Hartnäckig hält sich das Gerücht, er habe damals seinen Einfluss in Peking genutzt, um den Kopf der Bande schnappen und exekutieren zu lassen.

Oliver Müller

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