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Verkehrs- und Energienetze, Bildungsinfrastruktur und Digitalisierung sollten von einer Investitionsoffensive profitieren.

© IMAGO/Thomas Koehler/photothek.net

Milliarden für Verkehr, Bildung und Digitalisierung : Investitionen in Infrastruktur bringen Wachstum – und Geld fürs Militär

600 Milliarden Euro für die Investitionsoffensive plus 200 Milliarden Euro für die Bundeswehr wären möglich. Sie würden die Schuldenquote kaum erhöhen, davon geht das Gewerkschaftliche Institut IMK aus.

Stand:

Eine größere öffentliche Verschuldung zur Finanzierung von Investitionen in die Infrastruktur erleichtert dauerhaft höhere Ausgaben ins Militär. Wenn der Staat in den kommenden zehn Jahren 600 Milliarden Euro in Verkehrs- und Energienetze, Bildung und Digitalisierung steckt, ergibt sich durch dieses Programm „ein kumulierter Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um bis zu 4750 Milliarden Euro“.

Wie das gewerkschaftliche Wirtschaftsinstitut IMK weiter ausgerechnet hat, könnte die öffentliche Hand mit zusätzlichen Einnahmen von bis zu 2300 Milliarden Euro rechnen. Damit wären auch höhere Militäraufwendungen leichter zu bewältigen.

„Ein kreditfinanziertes öffentliches Investitionsprogramm ist in Zeiten von höheren Verteidigungserfordernissen durch eine veränderte geopolitische Lage sogar noch wichtiger als ohnehin schon“, fasste IMK-Chef Sebastian Dullien die Ergebnisse einer Kurzstudie zusammen. 200 Milliarden Euro für die Bundeswehr und 600 Milliarden Euro für die Infrastruktur seien gut möglich.

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat den wirtschaftlichen Nutzen einer öffentlichen Investitionsoffensive berechnet: Öffentliche Investitionen von 100 Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren würden demnach das Bruttoinlandsprodukt um 1,5 Prozent erhöhen.

Angesichts der relativ niedrigen deutschen Staatsverschuldung „ist auch kurzfristig Spielraum für beides“, sagt IMK-Chef Dullien zu höheren Investitionen in Infrastruktur und Bundeswehr. Der Schuldenstand der Bundesrepublik liegt bei rund 64 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Deutlich höher ist die Verschuldung Großbritanniens mit 101 Prozent, Frankreichs (110 Prozent) und Italiens (137 Prozent). Die USA stehen mit 122 Prozent fast doppelt so tief in den roten Zahlen wie Deutschland.

Zusammen mit dem arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hatte das IMK im vergangenen Mai die zusätzlichen Bedarfe für eine Modernisierung des öffentlichen Kapitalstocks über die kommenden zehn Jahre auf 600 Milliarden Euro geschätzt. Da die Summe nicht durch Einsparungen zu finanzieren sei, aber die Investitionen Wachstum und Steuereinnahmen generieren „und künftigen Generationen zugutekämen“, hatten sich die Ökonomen für eine Kreditfinanzierung ausgesprochen und dazu eine Reform der Schuldenbremse angemahnt. 

Dullien wies auf eine frühere Studie respektive Simulationsrechnung des IMK hin. Danach würde bei einer zusätzlichen Kreditaufnahme für ein Investitionsprogramm von 600 Milliarden Euro die Schuldenquote Deutschlands sogar fallen und selbst kurzfristig die aktuellen Werte von knapp über 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten.

Da eine Modernisierung der Infrastruktur die Produktivität der Beschäftigten insgesamt erhöht, könnte der höhere Personalbedarf der Bundeswehr durch eine Wehrpflicht besser verkraftet werden.

Sebastian Dullien, Direktor des IMK

Eine weitere Kreditaufnahme von 200 Milliarden Euro für Verteidigung erhöht nach Dulliens neuen Berechnungen für das Jahr 2035 die Schuldenquote um etwa 3,5 Prozentpunkte, diese bliebe aber deutlich unter 70 Prozent – und damit weit unter dem Niveau anderer Länder der G7-Gruppe. „Angesichts dessen, dass wir mit dem Geld in einer Ausnahmesituation zwei zentrale Probleme des Landes entschlossen angehen können, ist das ein absolut vertretbarer Preis“, meinte der Wissenschaftler. 

Schließlich wäre eine öffentliche Investitionsoffensive auch hilfreich bei der möglichen Wiedereinführung der Wehrpflicht in Zeiten des Arbeitskräftemangels. „Da eine Modernisierung der Infrastruktur die Produktivität der Beschäftigten in der Wirtschaft insgesamt erhöht, könnte der höhere Personalbedarf der Bundeswehr durch eine Wehrpflicht besser verkraftet werden“, glaubt Dullien.

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