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Ein Einkaufswagen mit Lebensmitteln steht in einem Supermarkt.

© dpa/Philip Dulian

Neue EU-Regelung zu Entwaldung: Handel in Deutschland fürchtet Preis-Schock im Supermarkt

Rohstoffe, für die Wald gerodet wurden, dürfen ab Ende 2025 nicht mehr in die EU eingeführt werden. Wirtschaft und Handel warnen vor Engpässen und steigenden Preisen. Brüssel bleibt gelassen.

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Bestimmte Waren dürfen ab Ende 2025 nur noch in die EU importiert werden, wenn für deren Herstellung nach dem 31. Dezember 2020 keine Waldflächen mehr gerodet oder beschädigt wurden. So steht es in der Verordnung für „entwaldungsfreie Produkte“ (EUDR), die am 30. Dezember 2025 in Kraft tritt.

Wie das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung auf seiner Homepage schreibt, seien zunächst sieben zentrale Rohstoffe betroffen: Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja, Rindfleisch, Holz und Kautschuk. Auch Produkte, die aus diesen Materialien hergestellt werden – etwa Schokolade, Lederwaren oder Möbel – fallen unter die Regelung. Weitere Produkte könnten künftig ergänzt werden. 

Unternehmen müssen künftig exakt belegen, aus welcher Region ihre Rohstoffe stammen, und die entsprechenden Anbau- oder Abbauflächen mittels GPS-Koordinaten nachweisen. Verstöße können zu Geldbußen von mindestens vier Prozent des EU-Jahresumsatzes, zu Importverboten oder zur Beschlagnahmung von Waren führen.

Kein Schritt zu mehr Fairness – im Gegenteil

Martin Schüller, Fairtrade Deutschland

Ziel ist es, sowohl tropische Regenwälder als auch europäische Wälder zu schützen. Wirtschaft und Handel warnen bereits vor erheblichen Folgen – Brüssel hält dagegen.

„Bürokratie ist das Hauptproblem für Unternehmen – noch vor hohen Steuern, teurer Energie und schlechter Infrastruktur“, sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, gegenüber der „Bild“-Zeitung. Er schlägt vor, nur die Importeure selbst, nicht aber die komplette Lieferkette, zur Dokumentation zu verpflichten.

Warnende Worte kommen auch aus dem Handel. Edeka erwartet Millionen zusätzlicher Sorgfaltserklärungen, verbunden mit der komplizierten Erfassung von Geodaten. Ein Sprecher der Rewe Group sagte der Zeitung, eine realistische Einschätzung der Preisfolgen im Lebensmitteleinzelhandel sei derzeit gar nicht möglich.

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Auch Martin Schüller von Fairtrade Deutschland warnt vor steigenden Kosten und Engpässen – insbesondere bei Bio- und Fairtrade-Waren. Er glaubt, dass die Regeln für Produzenten im globalen Süden wie „neokoloniale Fremdbestimmung“ wirken. Die Idee des Waldschutzes sei richtig, doch die Umsetzung „kein Schritt zu mehr Fairness – im Gegenteil“.

Die EU argumentiert, das Gesetz sorge dafür, dass bestimmte für den europäischen Markt produzierte Waren nicht mehr zur globalen oder inner-europäischen Waldzerstörung beitragen.

Merz schreibt an von der Leyen

„Viele internationale Studien sprechen eine klare Sprache: Für den Konsum an landwirtschaftlichen Erzeugnissen in Europa werden anderswo auf der Welt Wälder zerstört oder geschädigt. Entwaldungsfreie Lieferketten sind daher ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Landwirtschaft mit zahlreichen positiven ökologischen und sozialen Effekten“, heißt es auf einer Webseite der EU zu dem Thema

Aus Sicht der EU-Kommission ist die Sorge vor steigenden Preisen unberechtigt. Man erwarte keine nennenswerten Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise und rechne lediglich mit „sehr begrenzten Auswirkungen“ auf die Kosten der betroffenen Rohstoffe.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) forderte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einem Schreiben auf, deutsche Land- und Forstbetriebe mit einer zusätzlichen „Null-Risiko-Kategorie“ vom Gesetz auszunehmen.

Auch Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) sprach sich dafür aus, da das deutsche Waldgesetz Rodungen ohnehin verbiete. Zudem plädiert er für eine Verschiebung des Inkrafttretens um ein weiteres Jahr.

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