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Neue Züge für die Bahn: Doppelt gemoppelt auf der Schiene

Der Bahn fehlen Reservezüge. Nun kauft sie für Milliarden neue Waggons und lässt Regionalzüge aufmotzen.

Berlin - Angesichts des Winterchaos plant die Deutsche Bahn hohe Investitionen für neue Züge und die Aufarbeitung alten Materials. Im Fernverkehr will sie nun erstmals Doppelstockwagen einsetzen, die eigentlich für den Regionalverkehr gedacht waren. Hinzu kommen neue ICE-3-Züge und eine völlig neue Baureihe mit dem Titel ICX. Personenverkehrs- Chef Ulrich Homburg machte den Kunden mit Blick auf den kommenden Winter aber wenig Hoffnung. Bis Mitte 2012 werde es „eine deutlich angespannte Fahrzeugsituation“ geben, sagte er am Mittwoch in Berlin. Das Problem der zu geringen Reserve werde die Bahn noch „auf Jahre beschäftigen“.

Auf 1,3 Milliarden Euro summieren sich die derzeit geplanten Anschaffungen, hinzu kommen vier Milliarden für den ICX, dessen Bestellung bei Siemens aber noch nicht unter Dach und Fach ist. „Es ist nicht so, dass wir kein Geld für Investitionen haben“, bekundete der Manager.

Mit der Lieferung der ersten neuen Züge rechnet der Konzern Mitte 2012 – bei Siemens wurden 15 ICE-3-Exemplare für 500 Millionen Euro geordert. Hinzu kommen ab Ende 2013 die nun bestellten 27 Doppelstock-Züge samt Loks von Bombardier mit 135 Waggons für 360 Millionen Euro. „Wir wollen weniger anfällig sein und uns eine größere Reserve zulegen“, sagte Homburg. Doppelstock-Wagen fahren bisher nur im Regionalverkehr, auch in Berlin. Dort hätten sie bislang zuverlässig funktioniert, hieß es.

Die neuen, aus fünf Waggons bestehenden Züge sollen aber komfortabler ausgestattet werden – mit Klimaanlagen, mehr Toiletten und Abstellflächen für Koffer, Steckdosen an jedem Sitz, Handy-Empfang sowie Info-Monitoren. Einen Speisewagen wird es nicht geben – dies sei „der Pferdefuß“ des Konzepts, sagte Homburg. Ersatzweise soll ein mobiler Verkäufer die Reisenden bewirten.

Zugelassen sind die neuen Züge derzeit für Tempo 160. Man prüfe, ob auch Tempo 185 möglich sei, ohne die Waggons neu zulassen zu müssen – was lange dauern würde. Einsetzen will die Bahn die Züge in Randlagen der Republik, wo angesichts der Gleise ohnehin keine höhere Geschwindigkeit möglich sei. Homburg sprach von Linien, die in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern enden – also könnte auch die Verbindung von Berlin nach Stralsund betroffen sein.

Die zu geringe Zug-Reserve macht der Bahn seit 2008 zu schaffen. Nach einem Achsbruch muss die ICE-Flotte zehnmal häufiger zur Kontrolle in die Werkstatt als geplant. Stabilere Achsen wird es erst 2014 geben – Design und Genehmigung dauern. Derzeit setzt das Unternehmen alle verfügbaren Züge ein, lässt teilweise IC-Strecken von Regionalzügen bedienen. Aus dem Ausland hat die Bahn sich Züge geliehen, die eigene Reserven wurde im Zuge der Sparpolitik zurückgefahren. Homburg übte erneut scharfe Kritik an der Zuverlässigkeit des Rollmaterials. „Wenn wir nur bei Lieferanten bestellen würden, mit denen wir zufrieden sind und wo wir uns sicher fühlen, dann könnten wir heute keine Züge mehr bestellen.“

Die Entscheidung für die Doppelstock-Wagen ist eine Notlösung. Ersatz für die 40 Jahre alte IC-Flotte wird es laut Bahn erst 2016 geben. Der ICX-Auftrag für Siemens sollte eigentlich längst unter Dach und Fach sein, die Lieferung war für 2014 geplant. Bislang konnten sich die Unternehmen aber nicht auf den Preis einigen. Wegen der Verspätung will die Bahn ihre IC-Flotte noch einmal aufmöbeln. 300 Millionen Euro soll das kosten, das Programm ist bereits angelaufen. Allerdings lohne sich das nicht bei jedem Waggon, teilweise seien sie zu verrostet, sagte Homburg. Auch die ICE-2-Züge werden derzeit überarbeitet, auch die Klimaanlagen werden ersetzt. Dafür gibt die Bahn noch einmal 150 Millionen aus.

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