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Schneller durch die Stadt. Fahrradkuriere machen es täglich vor, in Städten wie Berlin kommt man auf zwei Rädern häufig zügiger voran als mit dem Auto. Der Senat will mehr Geld in Fahrradwege und Abstellplätze investieren. Foto: dapd

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Wirtschaft: Radler auf dem Elektro-Trip

Fahrradbranche verkauft 2011 vier Millionen Stück. Besonders gefragt sind hochwertige E-Bikes.

Berlin - Die Autofahrernation steigt aufs Fahrrad um. Während der Verkauf von Neuwagen hierzulande nur schleppend läuft, freut sich die Zweiradbranche über dynamisch wachsende Umsatzzahlen. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland rund 4,05 Millionen Fahrräder verkauft und damit 1,1 Prozent mehr als im Jahr zuvor, wie der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) und der Verband des Deutschen Zweiradhandels (VDZ) am Mittwoch in Berlin mitteilten. Das entspricht einem Umsatzplus von 8,8 Prozent auf zwei Milliarden Euro. Rechnet man Service, Ausrüstung und Zubehörteile hinzu, erwirtschafteten die gut 50 000 Beschäftigten der deutschen Fahrradbranche nach Verbandsangaben einen Umsatz von rund vier Milliarden Euro.

Für das laufende Jahr ist die Branche optimistisch. Angesichts hoher Spritpreise und des sonnigen Saisonstarts blicke man in eine „positive Zukunft des Fahrrads“, sagte ZIV-Geschäftsführer Siegfried Neuberger. „Das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung verändert sich ebenso wie das Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein.“ Auch die diskutierte Helmpflicht, die manchen vom Radfahren abhalten würde, werde es wohl nicht geben.

Erlöstreiber für den Handel waren im vergangenen Jahr erneut hochwertige Fahrräder mit Elektroantrieb. Laut ZIV wurden rund 310 000 Elektro-Zweiräder mit durchschnittlichen Preisen von 1500 bis 2000 Euro verkauft – 55 Prozent mehr als im Vorjahr. Ihr Anteil am Fahrradmarkt liegt bei acht Prozent. Siegfried Neuberger hält einen Anteil von zehn bis 15 Prozent in einigen Jahren für wahrscheinlich. 2012, so seine Prognose, könnten bis zu 400 000 Elektrofahrräder in Deutschland verkauft werden.

Den Händlern bereitet der Elektro- Boom nicht nur Freude. Wegen der geringen Handelsspannen bei E-Bikes seien die Bruttogewinne gesunken, gleichzeitig müssten im Warenlager hochwertige Räder vorgehalten werden, wie VDZ-Geschäftsführer Thomas Kunz einräumte. Das binde Kapital. Weil einige Händler Räder aus dem Vorjahr nicht losgeworden seien, drohten wirtschaftliche Schieflagen. Gut für die Verbraucher: Kunz zufolge wird es in diesem Frühjahr „Abverkaufsaktionen mit verminderten Preisen“ für Elektroräder geben. Zusätzlicher Preisdruck entstehe durch das Internet.

Neben den Rädern mit Hilfsmotor erfreuen sich auch Trekking- und Cityräder bei den deutschen Radlern großer Beliebtheit. Ihr Anteil lag 2011 bei zusammen knapp 60 Prozent. Im Schnitt wurden für ein neues Fahrrad (einschließlich E-Bikes) 495 Euro (plus 7,6 Prozent) ausgegeben – vor allem im Fachhandel. Der Anteil der Warenhäuser und Baumärkte sinkt seit Jahren. Die Verbände sehen darin ein „klares Zeichen für das hohe Qualitätsbewusstsein der Verbraucher“.

Die Qualität spielt offenbar auch beim Im- und Export von Rädern eine größere Rolle. So ist die Einfuhr aus dem Billiglohnland Taiwan seit 2009 um 17 Prozent auf 337 000 Stück zurückgegangen. „Viele Hersteller haben Produktionsstätten in Europa aufgebaut“, sagte ZIV-Geschäftsführer Neuberger. Die Fahrradproduktion in Deutschland nahm 2011 wieder leicht auf 2,29 Millionen Stück zu.

In Berlin soll es künftig mehr Fahrradwege und Abstellmöglichkeiten für Zweiräder geben. Christian Gaebler, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Verkehr, kündigte an, Senat und Fördereinrichtungen würden rund zehn Millionen Euro für Investitionen in die Infrastruktur bereitstellen. Die Hauptstadt verfügt über 1500 Kilometer Fahrverkehrsanlagen, 650 Kilometer davon bauliche Radwege, und 27 000 Abstellanlagen. 13 Prozent des städtischen Verkehrs entfallen auf Zweiräder. Glaubt man der Lobby, ist noch mehr drin: Von den 70 Millionen Fahrrädern in Deutschland werden schätzungsweise nur 30 Millionen regelmäßig benutzt.

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