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Wirtschaft: Rast der Eurofighter ins Haushaltsloch?

Am Schicksal des umstrittenen Gemeinschaftsprojektes Eurofighter hängen 18 000 ArbeitsplätzeVON TOM MAGENHEIM-HÖRMANN, MÜNCHENAnfang Juli schlägt wieder einmal die Schicksalsstunde für das europäische Jagdflugzeug Eurofighter.In einer Bonner Kabinettssitzung wird vermeintlich endgültig über die Finanzierung des seit Monaten in der Schwebe hängenden Militärjets entschieden.

Am Schicksal des umstrittenen Gemeinschaftsprojektes Eurofighter hängen 18 000 ArbeitsplätzeVON TOM MAGENHEIM-HÖRMANN, MÜNCHEN

Anfang Juli schlägt wieder einmal die Schicksalsstunde für das europäische Jagdflugzeug Eurofighter.In einer Bonner Kabinettssitzung wird vermeintlich endgültig über die Finanzierung des seit Monaten in der Schwebe hängenden Militärjets entschieden.Werden angesichts gähnender Haushaltslöcher keine weiteren Gelder bewilligt, stürzt das Projekt ab."Das Programm wäre tot," schätzt der Bonner Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI). Das gelte nicht nur für den deutschen Anteil des Vier-Nationen-Jägers.Auch in Großbritannien, Spanien oder Italien werde dann kein Eurofighter fliegen.Falls Deutschland ausschert, muß wohl das europäische Programm komplett eingestellt werden, "weil deutsche Firmen als Lieferanten wichtiger Bauteile ausfallen und die Verlagerung der deutschen Elemente nur mit erheblicher Zeitverzögerung und hohen Kosten möglich wäre," fürchtet Aloysius Rauen, Beirat beim BDLI. Auch falls die drei anderen Partner den Jet in die Lüfte bringen sollten, müßten die für die Entwicklung eingesetzten deutschen Steuergelder von über 7 Mrd.DM als Anschubfinanzierung für die Serienproduktion und den Aufbau von Arbeitsplätzen auf der britischen Insel, in Spanien und Italien abgeschrieben werden.Verloren wären die bisher investierten Gelder auf jeden Fall, bilanziert Rauen, der zugleich Mitglied der Geschäftsleitung der Daimler-Benz Aerospace (Dasa) ist.Auch die Industrie hätte dann über eine halbe Milliarde DM in den Sand gesetzt.Allein 200 Mill.DM davon hat die Dasa für den nicht beschlossenen Bau des Jets vorfinanziert.Der Rest verteilt sich auf etwa 100 mittelständische Unternehmen, die hierzulande teils existentiell vom Gemeinschaftsprojekt abhängen.Insgesamt stünden in Deutschland rund 18 000 Stellen auf dem Spiel, haben Betriebsräte im Arbeitskreis Wehrtechnik, Luft- und Raumfahrt (WLR) berechnet. Dabei schien Anfang des Jahres trotz Bonner Finanzmisere für den Eurofighter die Luft rein zu sein."Das ist in trockenen Tüchern," hatte Dasa-Chef Manfred Bischoff noch Mitte Februar frohlockt."Dummerweise waren die Dinger löchrig," kommentiert Michael Hauger vom BDLI vier Monate später.Bis Ende März 1997 ist mit einem positiven Beschaffungsentschluß in Bonn zu rechnen, hatte Bischoff einmal gehofft.Nun schwenken die Blicke zum elften Juli.Die Entwicklung des letzen halben Jahres hatte der WLR schon Ende 1996 vorhergesehen.Wenn nicht noch 1996 der Bonner Entscheid zur Serienproduktion des Jägers komme, drohe der Jet 1997 in noch größeren Haushaltslöchern zu versinken, warnte damals WLR-Sprecher Peter Meinck.Je näher die Bundestagswahl rücke, desto unwahrscheinlicher werde der Startschuß für den Eurofighter. Bislang haben die Betriebsräte recht behalten.Es droht allerdings weit mehr als das Aus für ein Jagdflugzeug.Falls der Jäger dem Rotstift zum Opfer fällt, sei das das Aus für den von der Dasa koordinierten militärischen Flugzeugbau in Deutschland, drohten mehrere Dasa-Manager und zuletzt auch Bischoff.Das entsprechende Personal werde dann entlassen, ihr Know how sei unwiederbringlich verloren.Für etwaige andere Projekte im militärischen Flugzeugbau Europas habe Deutschland dann jeden Kredit verspielt, weil man sich als unzuverlässig erwiesen hätte.Ohne Deutschland dürfte nirgendwo in Europa ein Eurofighter vom Band rollen.Zwar entfallen vom insgesamt 620 Flugzeuge umfassenden Projekt nur 180 Maschinen auf Deutschland.Neben der Endmontage dieser Jets, war hierzulande aber ursprünglich auch der Bau zentraler Rumpfteile vorgesehen und ohne Rumpf kein Flugzeug.Zu den Folgeeffekten eines deutschen Ausstiegs kämen auch noch in den quadronationalen Verträgen vorgesehene Konventionalstrafen, falls das Projekt durch das Verschulden eines Partner scheitert. Schwer würde aber auch ein Ja zum ungeliebten Militärjet wiegen.Die Kosten für die deutschen Anteil werden auf rund 23 Mrd.DM beziffert.Angesichts der leeren Kassen von Bundesfinanzminister Theo Waigel ist das kein Pappenstil.130 Mill.DM pro Eurofighter auf den Tisch zu blättern, dürfte speziell den weit über vier Millionen arbeitslosen Wählern schwer zu vermitteln sein.So gibt es Stimmen, die vor dem kapitalintensiven Bau des Eurofighters warnen, weil die Gelder an anderer Stelle eingesetzt weit mehr Arbeitsplätze schaffen würden.

TOM MAGENHEIM-HÖRMANN[MÜNCHEN]

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