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Probieren oder schon beim Einkauf die Ware essen und erst später zahlen? Nicht alles ist rechtlich erlaubt im Supermarkt.

© dpa

Rechte der Verbraucher: Tatort Supermarkt

Jeder tut es, aber darf man das? Packungen öffnen, im Laden naschen? Und wer hat Recht, wenn an der Kasse um Preise gestritten wird?

Von Ronja Ringelstein

Väter und Mütter kennen das nur allzu gut. Man fährt mit seinem Einkaufswagen durch den Supermarkt, und das Kind hat Hunger oder Durst oder beides. Was tun? Die Packung aufreißen und dem Kind einen Keks zuschieben, obwohl man die Ware noch nicht bezahlt hat? Darf man das oder ist das Diebstahl? Und wie ist das eigentlich, wenn man aus Versehen eine Weinflasche fallen lässt oder einen Jogurt? Muss man das bezahlen oder übernimmt der Händler den Schaden?

Fragen über Fragen. Vieles regelt sich von selbst, weil die Händler einlenken und sich kulant zeigen. Doch was ist, wenn nicht? Welches Recht gilt im Supermarkt?

DARF ICH IM LADEN ESSEN?

Also wie ist das mit dem kleinen oder großen Hunger im Supermarkt? Darf man eine Packung anbrechen oder schon einmal einen Schluck aus der Flasche nehmen, auch wenn die Ware noch nicht bezahlt ist? Rein rechtlich ist die Sache klar: Man darf nicht. Denn die Ware gehört so lange dem Supermarkt, bis sie bezahlt ist. „Daher sollte, um Missverständnisse zu vermeiden, auf einen Verzehr der Ware verzichtet werden“, rät Rechtsanwalt Axel Haentjes vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. „Denn es ist in dem Moment nur schwer erkennbar, ob die Ware noch bezahlt werden soll oder ohne Bezahlen vollständig verzehrt oder der Rest ins Regal entsorgt wird“, warnt der Jurist.

Macht man sich strafbar, wenn man nascht? Das kommt darauf an. Wenn man ehrlicherweise noch vorhat, die Ware zu bezahlen, ist es kein Diebstahl. Wenn man die Ware aber absichtlich nicht bezahlt, könnte man sehr wohl eine Anzeige wegen Diebstahls, beziehungsweise Unterschlagung riskieren. Das kommt aber – ehrlich gesagt – eher selten vor. Was tun? Wer auf der sicheren Seite sein möchte, sollte einen Mitarbeiter ansprechen und ihm versichern, dass man die Ware noch bezahlen wird. Wenn der erlaubt, die Packung schon im Laden zu öffnen, darf man mit gutem Wissen zugreifen und zubeißen.

WER ZAHLT FÜR UNFÄLLE?

Auch das kann schon einmal passieren: Man möchte den Jogurt aus der hinteren Regalreihe fischen und – platsch – fällt einem einer der vorderen Becher auf die Füße. Das ist eklig und peinlich. Klar ist, die kaputte Ware will man nicht auch noch kaufen. Muss man aber – zumindest rechtlich gesehen. Oder man muss Schadensersatz leisten, in der Regel in Höhe des Kaufpreises, was dann finanziell auf dasselbe hinausläuft.

Aber auch hier sind die Supermärkte meist kulant, zumindest wenn die Ware nicht absichtlich zerstört wurde und sie nicht allzu teuer war. Wenn der Händler jedoch darauf besteht, dass Sie den Schaden ersetzen, könnten Sie sich an Ihre Privathaftpflichtversicherung wenden – das lohnt sich jedoch nur, wenn es um größere Summen geht. Sind Sie an dem Malheur aber unschuldig, weil die Ware schlecht gepackt war, bleibt der Verkäufer auf dem Schaden sitzen.

KANN ICH ALLES UMTAUSCHEN

Sie haben sich vergriffen, stellen Ihren Irrtum aber erst zu Hause fest? Eigentlich wollten Sie vegetarische Tofu-Wurst kaufen, doch aus Versehen ist stattdessen die Schweine-Wurst im Korb gelandet. Kann man sie zurückbringen und umtauschen, wenn man den Bon noch hat? „Dass ein Recht auf Umtausch besteht, ist ein weit verbreiteter Rechtsirrtum“, warnt Rechtsanwalt Haentjes. Einseitig kann man in diesem Fall den abgeschlossenen Kaufvertrag nicht wieder rückgängig machen. Allerdings gewähren viele Supermärkte aus Kulanz einen Rücktausch. Bei Wurst oder anderen Waren, die durchgängig gekühlt werden müssen, können sie das allerdings nicht. Denn ist die Kühlkette einmal unterbrochen, darf das Produkt nicht mehr verkauft werden. Der Laden würde also Verlust machen, da er das zurückgebrachte Produkt entsorgen müsste.

Anders liegt der Fall, wenn die Ware nicht in Ordnung ist oder wenn sie zu alt ist. Stellt man beispielsweise fest, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum der gekauften Ware abgelaufen oder das Produkt verschimmelt ist, muss der Supermarkt auch die Wurst oder den Fisch austauschen.

WIE BILLIG IST AKTIONSWARE?

Schnäppchen und Sonderangebote mag jeder. Umso ärgerlicher, wenn die Ware im Supermarkt zwar als „Angebot“ ausgewiesen worden ist, sie der Strichcode-Scanner an der Kasse aber nicht erkennt und stattdessen den regulären Preis anzeigt. „Streng rechtlich gilt der Preis der Kasse, da erst hier der Kaufvertrag geschlossen wird“, sagt Haentjes. Man müsse aber das Produkt nicht kaufen, wenn man als Kunde eine andere Preisvorstellung hatte. Nur: Man will ja kaufen – aber eben nur zum Billigpreis. Was tun? Suchen Sie das Gespräch mit dem Personal. Falls der Preis in der Kasse noch nicht richtig eingestellt wurde, gibt der Kassierer die Ware meist zum Angebotspreis heraus.

WAS IST „HAUSHALTSÜBLICH“?

Sparen macht Spaß. Hamstern auch, zumindest bei Waren, die nicht verderben und die man daher prima im Keller lagern kann. Warum also nicht vom billigen Waschmittel gleich viele, viele Packungen kaufen und sich für die nächsten zwei Jahre damit eindecken? Das kleine Problem: Möglicherweise macht der Händler dem Kunden einen Strich durch die Rechnung. „Der Supermarktbetreiber kann frei darüber entscheiden, wie viel von der Ware er an den Kunden verkaufen will“, gibt Haentjes zu bedenken. Eine Begrenzung auf Mengen, die ein Haushalt üblicherweise einkauft, wird in der Regel bei Sonderangeboten vorgenommen, um möglichst vielen Kunden zu ermöglichen, in den Genuss des Sonderangebots zu kommen. Wie viel das ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Zehn Packungen Waschmittel dürften aber wohl das Haushaltsübliche überschreiten.

DARF MAN DIE PACKUNG AUFREISSEN?

Auch hier sagen die Juristen: Das kommt darauf an. Die Verpackung einer Ware darf der Kunde nur öffnen, wenn sie wieder verschlossen werden kann. Das Produkt muss also nach dem Öffnen wieder genauso verpackt sein, wie es vorher war. Das soll dem Händler ermöglichen, die Ware später an einen anderen Verbraucher zu verkaufen, falls man sich selbst gegen den Kauf entscheidet. Bei Spaghetti etwa ist das Aufreißen der Packung also nicht erlaubt, denn dadurch werden die Nudeln unverkäuflich. Das Produkt ist beschädigt, und der Kunde ist zum Schadenersatz verpflichtet.

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