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Lohnt sich ein Anbieterwechsel? Ab Januar soll der Preis im Durchschnitt bundesweit um 5,5 Prozent steigen.

© dpa

Schwieriger Anbieterwechsel: Warum viele Stromversorger neue Kunden nicht annehmen

Wer den Stromanbieter wechselt, kann häufig hunderte Euro sparen. Doch viele Versorger lehnen Neukunden ab. Verbraucherschützer meinen den Grund zu kennen.

Wer wechselt, spart Geld. Nach dieser einfachen Logik haben zahlreiche Internetportale ihr Geschäftsmodell aufgebaut und bieten Kunden unkomplizierte Wechsel des Strom-, Gas- oder Internetbetreibers an. Die Verbraucherzentralen gehen davon aus, dass viele Haushalte so über hundert Euro pro Jahr sparen können. Doch der Stromwechsel wird den Kunden nicht leicht gemacht. Wie eine Auswertung des Portals Wechselpiloten zeigt, weisen sowohl Stadtwerke als auch die „Big Four“ Vattenfall, RWE, Eon und EnBW Neukunden immer häufiger ab, ohne Gründe zu nennen.

„Rund jeder zehnte Vertrag, den wir wechseln wollten, wurde direkt abgelehnt“, sagt Maximilian Both, Geschäftsführer von Wechselpilot. Mit 22 Prozent lehnt Vattenfall demnach anteilig am häufigsten Neukunden ab. Eon und EnBW weisen elf beziehungsweise acht Prozent der Wechselpilot-Anfragen ab, RWE drei. Das Internetportal hat dafür rund 20 000 Kundenverträge ausgewertet. Dabei ist zu beachten, dass Wechselpilot im Hintergrund agiert; der Stromanbieter weiß also nicht, dass die Anfrage über ein Wechselportal gestellt wurde.

Kommunale Energieversorger zeigen teilweise sogar noch höhere Ablehnungsquoten. Die Stadtwerke Bochum etwa gaben rund 39 Prozent der Wechselpilot-Kunden keinen Vertrag, in Augsburg und Lübeck waren es den Angaben zufolge jeweils 28 Prozent. Auf dem Gasmarkt hat auch die Gasag in Berlin eine hohe Ablehnungsquote, wie Wechselpilot dem Tagesspiegel sagte.

Vattenfall und Eon bestätigen Kunden-Ablehnungen

Die Anbieter bestätigen, dass nicht jeder Kunden genommen wird. „Wir behalten uns bei Sonderverträgen außerhalb der Grundversorgung vor, einen Auftrag mit Neu- und Bestandskunden vor einer Vertragsbestätigung an den Kunden zu prüfen“, teilt Vattenfall auf Anfrage mit. „In Einzelfällen kann es dabei zu Vertragsablehnungen kommen.“ Gründe hierfür könnten etwa die Vertragsführung oder das Zahlungsverhalten des Kunden sein.

Eon weist darauf hin, dass häufig fehlerhafte Daten wie unvollständige Angaben zum Zählerstand einem Vertragsabschluss im Wege ständen. Die Stadtwerke Bochum weisen die Zahlen zurück. „Mit rund vier Prozent der Kunden kann kein Vertrag geschlossen werden, da die Bonitätsprüfung zu keinem erfolgreichen Abschluss gebracht werden kann“, sagte ein Sprecher. Man könne die Zahlen von Wechselpilot daher nicht bestätigen.

Verbraucherschützern ist das Problem allerdings durchaus bekannt. Es lägen immer wieder Beschwerden von wechselwilligen Verbrauchern vor, die Schwierigkeiten haben, einen neuen Stromanbieter zu finden, teilt der Verbraucherzentrale Bundesverband auf Nachfrage mit. „Das Verhalten der Energieversorger ist kritisch zu betrachten, auch wenn dieses Vorgehen aus juristischer Sicht bei Sonderverträgen möglich ist.“ Es bestünde die Gefahr, dass Kunden langfristig keine neuen Verträge mehr abschließen können und in einem teureren Tarif gefangen sind.

Ab Januar wird Strom teurer

Zudem werfe das die Frage auf, „ob und falls ja, welche Stromanbieter Informationen von Verbrauchern sammeln und speichern“. Gerade Kunden, die jedes Jahr einen hohen Bonus mitnehmen und dann wieder wechseln wollen, werden häufiger abgelehnt, fügt Christina Wallraf, Referentin für Energie bei der Verbraucherzentrale NRW, an. Es sei bekannt, dass diese Kunden für die Stromanbieter Verlust bedeuten. Frühestens im zweiten Jahr wird mit diesen Kunden ein Gewinn erzielt. „Sogenannte ,Bonushopper’ sind daher bei Anbietern unbeliebt.“

Wechselpilot hat zudem zwei Verbrauchertypen ausgemacht, die besonders oft abgelehnt werden. Zum einen seien das Stromkunden mit einem Verbrauch von unter 2000 Kilowattstunden pro Jahr, die wirtschaftlich wohl nicht rentabel genug sind. Zum anderen handele es sich um Kunden mit einem Stromkonsum von mehr als 6000 Kilowattstunden pro Jahr, bei denen Pauschalverträge den Unternehmen Verluste einbringen könnten.

Kunden, die abgelehnt werden und die bis zur Kündigungsfrist keinen anderen Anbieter finden, fallen entweder in die Grundversorgung zurück oder der Vertrag des bisherigen Anbieters verlängert sich automatisch. Tatsächlich dürfte sich ein Wechsel zum Jahreswechsel gerade jetzt lohnen. Denn die Strompreise der Grundversorgung sollen ab dem 1. Januar im Schnitt um 5,5 Prozent steigen. Für einen Haushalt mit einem Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden wären das Mehrkosten von 69 Euro im Jahr. Grund dafür ist sowohl die EEG-Umlage, die um über fünf Prozent steigt, als auch die um sechs Prozent höhere Netzkosten.

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