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Lange her: Der damalige Siemens-Chef Joe Kaeser besuchte 2013 das Schaltwerk in in Berlin-Siemensstadt.

© Thilo Rückeis

Von Berlin nach China: Siemens Energy will bis zu 400 Arbeitsplätze verlagern

Wandel im Schaltwerk: Die traditionellen Produkte sollen in China und Mexiko hergestellt werden, die neuen, klimafreundlichen in Berlin.

Die IG Metall schlägt Alarm, das Unternehmen bemüht sich um Besänftigung. „Mehr als 400 Arbeitsplätze“ wolle Siemens Energy aus dem Schaltwerk in Berlin nach China und Mexiko verlagern, heißt es bei der Gewerkschaft und dem Betriebsrat. „Bis zu 400 Arbeitsplätze“ stünden zur Disposition, teilt der Konzern mit. Über die genaue Zahl und die Modalitäten des Abbaus werde man in den kommenden Wochen mit dem Betriebsrat verhandeln. Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben. Siemens Energy, vor knapp zwei Jahren von Siemens abgespalten und an die Börse gebracht, hat in Berlin zwei große Standorte: Das Schaltwerk in Siemensstadt mit rund 1800 und das Gasturbinenwerk in Moabit mit knapp 3500 Beschäftigten.

Der Konzern baut ab - und investiert

Nach langer Auseinandersetzung mit den Arbeitnehmervertretern war im Spätsommer 2021 beschlossen worden, die Gehäusefertigung für die Turbinen von Berlin nach Ungarn zu verlagern. Davon betroffen sind 500 Beschäftigte. Im Gegenzug sagte die Konzernführung zu, einen großen Teil des Wasserstoffgeschäfts (Elektrolyseure-Fertigung) in Berlin anzusiedeln. Zuzüglich der Ausgaben für das neue Headquarter in der Huttenstraße und ein Schulungszentrum würden rund 130 Millionen Euro in Moabit investiert.

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Ende vergangenen Jahres hatte der Konzern dann mitgeteilt, 60 Millionen Euro in eine neue Fertigung von Vakuumschaltröhren im Berliner Schaltwerk investieren zu wollen.. Die Röhren sind das technologische Herzstück des „Blue Portfolios“, welches klimaneutrale Stromübertragungsprodukte im Hochspannungsbereich umfasst und auf extrem klimaschädliche Gase verzichtet. Die neue Fertigung wird derzeit aufgebaut, nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden Rüdiger Groß arbeiten in dem Bereich bereits 250 Personen, perspektivisch könnten es 900 werden. Dessen ungeachtet will der Konzern so schnell wie möglich die „alten“ Schaltanlagen verlagern. „Der Wettbewerbsdruck bei konventionellen Schaltanlagen ist extrem hoch, der Bereich schreibt Verluste“, teilt der Konzern als Begründung mit. Das Schaltwerk ist mehr als 100 Jahre alt und damit einer der ältesten Standorte im Konzern.

Betriebsrat klagt über "Rasierklinge"

Das sei „total unfair“, sagte Groß am Dienstag bei einem Pressegespräch mit der Berliner IG-Metall-Führung. Das Management setze „eine Rasierlinge nach der anderen“ an, vor vier Jahren habe das Schaltwerk bereits mehr als 500 Arbeitsplätze verloren. Die Verlagerung nach China sei „ein Politikum“, meinte der regionale Gewerkschaftschef Jan Otto und warnte vor der Abhängigkeit von China.

Im Schaltwerk werden unter anderem die weltweit ersten „Blue Air-Schaltanlagen“ hergestellt. „Wir sind die einzigen in der Welt, die das neue Produkt beherrschen“, sagte Betriebsrat Groß. Die Anlagen sind frei von Schwefelhexafluorid und damit klimafreundlich, aber auch teurer als konventionelle Schaltanlagen. In der EU ist eine Gas-Verordnung geplant, die mit der Blue-Air-Technik bereits umgesetzt wird, aber vermutlich erst 2030 in Kraft tritt. Trotzdem wurden Groß zufolge bereits erste Anlagen nach Schottland und Skandinavien verkauft. Ein Kilogramm Schwefelhexafluorid belastet nach Angaben des Betriebsrats das Klima mit 25 000 Kilo CO2.

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