
© Julian Stratenschulte/dpa
Studie zur Schattenwirtschaft in Deutschland: Besserverdiener arbeiten am meisten schwarz
Rund zehn Prozent des deutschen BIP werden einer Studie zufolge offenbar schwarz erwirtschaftet. Demnach neigten jüngere Menschen stärker dazu, am Fiskus vorbei zu verdienen, als ältere.
Stand:
Erst am Donnerstagmorgen hatte sich SPD-Chef Lars Klingbeil erneut für härtere Sanktionen gegen schwarzarbeitende Bürgergeldempfänger ausgesprochen und gefordert: „Ich will, dass der Staat in diesen Fällen hart reagiert.“ Doch eine Studie des Ökonomen Dominik Enste vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) vom selben Tag kommt zu dem Schluss, dass Menschen mit mittleren und höheren Einkommen eher schwarzarbeiten als diejenigen mit niedrigen Einkommen.
Demnach arbeiteten nur 3,1 Prozent derjenigen, die weniger als 1500 Euro im Monat verdienen, eigenen Angaben zufolge im vergangenen Jahr schwarz, wohingegen der Anteil in der Einkommensgruppe 2500-4000 Euro auf 5,2 Prozent und bei Einkommen über 4000 Euro auf 7,9 Prozent steigt.
Auch gibt es ein deutliches Altersgefälle: Bei den unter 34-Jährigen arbeiten demnach 11,1 Prozent teilweise am Fiskus vorbei, bei den über 50-Jährigen hingegen nur 3,2 Prozent.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Gleichzeitig arbeiten Männer der Studie zufolge mehr als doppelt so oft schwarz wie Frauen. Auch bei den politischen Präferenzen zeigen sich deutliche Unterschiede. Anhänger der SPD arbeiten mehr schwarz als die aller anderen Parteien. Während jeder zehnte sozialdemokratische Wähler abgabenfrei hinzuverdient, sind es nur 3,9 Prozent der CDU-Wähler und 6,2 Prozent der Grünen-Wähler.
Freilich besteht bei der Untersuchung das methodische Problem, dass Befragte illegale Tätigkeiten selbst bei anonymen Umfragen ungern angeben. Die Umfrage arbeitet daher teilweise mit indirekten Fragen.
Da aber von den 2600 repräsentativ Befragten nur 130 eine eigene Schwarzarbeit angaben, sei die Stichprobe der Untersuchung recht klein und deren Ergebnisse sollten „nicht überinterpretiert“ werden, mahnt Enste.
Doch andere Untersuchungen scheinen sie zu stützen. So kam auch eine Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass europaweit einkommensstärkere und jüngere Menschen häufiger schwarzarbeiten als andere Bevölkerungsgruppen.
Selbstständigkeit kommt Schwarzarbeit entgegen
Die negative Korrelation zwischen Alter und Schwarzarbeit und die positive zwischen Einkommen und Schwarzarbeit hält Enste für plausibel. „Architekten oder Kfz-Meister arbeiten schwarz, weil sie dazu gute Gelegenheiten haben“, sagte er dem „Spiegel“ und verwies darauf, dass Selbstständigkeit dem entgegenkomme.
Zudem lohne sich bei höheren Einkommen das Schwarzarbeiten schlicht mehr. Transferleistungsempfängern und Angestellten hingegen fehle häufig der notwendige Kundenkontakt und zudem sei die Wahrscheinlichkeit, entdeckt zu werden, höher.
Jüngere Menschen hingegen seien neben der Schule oder der Uni häufig in typischen Schwarzarbeits-Branchen tätig, etwa der Gastronomie, hätten eine höhere Risikobereitschaft und würden weniger über langfristige Nachteile der Schwarzarbeit, wie fehlende Rentenbeiträge, nachdenken.
Schattenwirtschaft macht zehn Prozent des BIP in Deutschland aus
Insgesamt kommt Enste zu dem Schluss, dass bis zu zehn Millionen Menschen in Deutschland am Fiskus vorbei hinzuverdienen. Die Schattenwirtschaft inklusive Schmuggel und Organisierte Kriminalität schätzt er auf mehr als 400 Milliarden Euro oder rund zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit im Mittelfeld. In den USA (5,8 Prozent) und der Schweiz (6,2 Prozent) liegt sie beispielsweise niedriger, in Griechenland (21,4 Prozent) oder Italien (20,4 Prozent) höher.
Schlussendlich ließen sich die Schwarzarbeit und deren erhebliche wirtschaftliche Schäden für den Staat aber nur bedingt durch mehr Kontrollen eindämmen. Erfolgsversprechend sei nur, dass „die Ursachen für die Attraktivität von Schwarzarbeit angegangen werden – wie die großen Unterschiede zwischen Brutto- und Nettolöhnen“, resümiert Enste. (trf)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: