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Wirtschaft: Termin für digitale Fahrtenschreiber platzt

Ab August sollen Lenkzeiten von Lkw-Fahrern streng überwacht werden. Nur: Es gibt kein Gerät

Dem digitalen Fahrtenschreiber für Lastkraftwagen droht ein vergleichbares technisches Desaster wie der Lkw-Maut. Der Bundestag hat die Einführung dieser Fahrtenschreiber zum 5. August beschlossen. Doch bis heute gibt es nicht einmal ein Gerät, das die bisher genutzten mechanischen Fahrtenschreiber ablösen könnte. Selbst nach Ansicht der Bundesregierung ist der europaweit angepeilte Starttermin nicht mehr haltbar.

Nach den Plänen der Europäischen Union sollen die bisherigen Fahrtenschreiber in Lastwagen und Omnibussen durch fälschungssichere Geräte ersetzt werden. Damit soll der Straßenverkehr sicherer werden: Überlange Lenkzeiten und die Übermüdung von Fahrern haben in der Vergangenheit immer wieder für schwere Unfälle gesorgt.

Frühestens im zweiten Quartal dieses Jahres liegt nach Einschätzung des Verkehrsministeriums die Bauartgenehmigung für ein digitales Kontrollgerät vor. „Dies wird zur Folge haben, dass am 5. August 2004 weder in Deutschland noch in anderen EU-Staaten praxistaugliche digitale Kontrollgeräte zur Verfügung stehen können“, heißt es in einer Stellungnahme aus Manfred Stolpes Ministerium.

Der CDU-Verkehrspolitiker Michael Fuchs befürchtet nun, dass die Verkehrspolitik auf eine neues Desaster zusteuert, das „mindestens so dramatisch ist wie die Maut“. Denn im August drohe eine Regelung rechtsverbindlich zu werden, die technisch noch gar nicht umsetzbar sei. Auch der EU-Parlamentarier Markus Ferber (CSU) warnt, dass „das ehrgeizige Vorhaben der Kommission vor einer Katastrophe steht“.

Dabei warnen Speditionsverbände und die Industrie schon seit langem. In einem Positionspapier eines Herstellers digitaler Fahrtenschreiber heißt es, dass aus heutiger Sicht vor Mitte des Jahres 2005 nicht mit der Einführung gerechnet werden könne. „Wir benötigen eine zeitliche Verschiebung um mindestens ein Jahr, besser 18 Monate ab Bauartgenehmigung.“ Doch die ist nicht in Sicht. Und „kein Mensch weiß, wann die technischen Fragen gelöst sind“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes BGL, Karlheinz Schmidt.

Schuld an allem trage Verkehrskommissarin Loyola de Palacio, heißt es in Berlin. De Palacio wolle den Termin mit aller Gewalt halten. Nach dem massiven Druck aus den Ländern sei sie zwar Anfang März bereit gewesen, ein so genanntes Moratorium zu beschließen. Das habe vorgesehen, den Starttermin zu halten, aber auf die Durchsetzung von Sanktionen gegen Lkw-Fahrer zu verzichten. Doch schon wenige Tage später kassierte die Kommissarin den Plan ohne Angabe von Gründen. Seit Wochen, so bestätigt das Bundesverkehrsministerium, habe man aus Brüssel allerdings nichts mehr gehört. Eine Sprecherin versicherte auf Anfrage zudem, dass die Regierung immer wieder auf das Terminproblem hingewiesen habe – ohne Erfolg. Minister Stolpe werde deshalb weiter versuchen, Brüssel zu einer Verschiebung des Starts zu bewegen. Der „Imageschaden ist irreparabel“, sollte der 5. August beibehalten werden, heißt es weiter.

Die Unternehmen müssen die Daten mindestens ein Jahr speichern. In dem deutschen Gesetz werden auch Bußgelder angedroht, wenn Fahrzeughalter ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommen. Zugleich wird der Bußgeldrahmen gegen Unternehmen bei Verstößen auf 10 000 Euro verdoppelt.

Die neuen Geräte sollen Lenk- und Ruhezeiten von Fahrer und Beifahrer sowie die gefahrene Geschwindigkeit und Wegstrecke registrieren. Sie sollen Warnsignale geben, wenn die höchstzulässige ununterbrochene Lenkzeit überschritten wird. Bei Polizeikontrollen können sich die Beamten überall in der EU durch die einheitliche technische Ausstattung der Geräte Einblick in Fahrweise und Lenkzeit des Fahrers verschaffen.

Dieter Fockenbrock

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