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Insellage. Ein Haus im bayerischen Deggendorf machte die Folgen der Flut Anfang Juni sichtbar. Hochwasser sind in Deutschland heute zweimal so häufig wie vor 30 Jahren.

© dpa

Flut kostet mindestens zwölf Milliarden: Trend zum Hochwasser

Schadenbilanz der Munich Re: Flut in Süd- und Ostdeutschland war weltweit die größte Naturkatastrophe im ersten Halbjahr.

Berlin - Das Hochwasser in Ost- und Südostdeutschland war für das erste Halbjahr gemessen „die mit Abstand teuerste Naturkatastrophe“ weltweit. Zu diesem Schluss kommt der Versicherungskonzern Munich Re in seiner „Naturkatastrophenstatistik“. Das Hochwasser richtete nach vorläufigen Berechnungen einen Schaden von mehr als zwölf Milliarden Euro in Südost- und Ostdeutschland und angrenzenden Ländern an. Dabei entstand der „weitaus größte Teil der versicherten Schäden“ in der Bundesrepublik. Der Schaden beim Elbehochwasser 2002 lag bei etwas über zwölf Milliarden Euro, wovon 11,6 Milliarden Euro in Deutschland fällig wurden. Da wenige Wochen nach dem diesjährigen Hochwasser noch nicht alle Folgen erhoben und präzise quantifiziert sind, „ist nicht ausgeschlossen, dass es die teuerste Naturkatastrophe in Deutschland ist“, sagte Versicherungssprecher Michael Able auf Anfrage. Von den bislang erhobenen zwölf Milliarden seien gut drei Milliarden Euro durch Versicherungen abgedeckt. Bund und Länder geben acht Milliarden Euro zur Bewältigung der Flutschäden aus.

Der Munich Re zufolge gibt es einen Trend zum Jahrhunderthochwasser. Seit 1980 seien „Hochwasserereignisse in Deutschland und Zentraleuropa um den Faktor 2 häufiger geworden“. Bei der Ursachenforschung halten sich die Versicherungsstrategen zurück und weisen auf Diskussionen in der Klimaforschung hin, wonach die Veränderungen der Wetterlagen mit dem Klimawandel in Verbindung stehen könnten. Im Mai und Juni war ein sogenanntes Trog-Wetter ursächlich für die Flut: Feuchte Luft aus dem Mittelmeerraum wanderte östlich der Alpen gen Norden. „Die in dieser Strömung eingelagerten Tiefs führten an den Nordrändern der Mittelgebirge und der Alpen zu einer Stauwetterlage.“ Teilweise regnete es dann 400 Liter pro Quadratmeter in wenigen Tagen. „Da durch den regnerischen Frühling die Böden so feucht waren wie seit 50 Jahren nicht, flossen die Niederschläge direkt in die Flüsse ab“, heißt es im Bericht der Munich Re. In Passau, wo Donau, Inn und Ilz zusammenfließen, wurde der höchste Pegelstand seit 1501 gemessen. Und in Magdeburg erreichte das Elbehochwasser mit 7,46 Meter eine bislang nicht gekannte Höhe.

Als Konsequenz der Überschwemmungen empfiehlt die Versicherung der Politik einen präventiven Hochwasserschutz. Einen erheblichen Anteil an den hohen Schäden habe die „zunehmende Erschließung gewässernahen Baugrunds; oft geht hier Profit und Eigeninteresse vor Vernunft“, klagt die Munich Re über Bauherren und Bauverwaltungen, die entsprechende Genehmigungen erteilen. Immerhin erschwere das Hochwasserschutzgesetz von 2005 inzwischen Bauvorhaben in Risikogebieten. Trotzdem plädiert die Versicherung für eine Verlagerung von Entscheidungen über Baumaßnahmen auf eine „übergeordnete Ebene“, damit „Vorteile für eine Gemeinde oder einen Flussanlieger nicht zulasten der Allgemeinheit gehen“.

Oberste Priorität im Hochwasserschutz habe indes das Zurückhalten des Wassers in Rückhaltebecken und Poldern in unmittelbarer Flussnähe. „Die Einrichtung von Poldern trifft jedoch auf teilweise erbitterten Widerstand bei den betroffenen Landbesitzern, wie zum Beispiel an der bayerischen Donau, wo man seit vielen Jahren Polder bauen will“, schreibt die Versicherung. „Auch Renaturierungsmaßnahmen oder Rückverlegungen von Deichen können helfen. Bei extremen Hochwasserereignissen ist ihre Wirksamkeit jedoch sehr begrenzt.“ Den Gefährdeten empfiehlt die Munich Re unter anderem Eigenvorsorge: „Wo früher Holz, Kohle und Vorräte lagerten, findet man heute gut ausgestattete Hobbyräume, Hausbars, Wellnessbereiche oder elektronisch gesteuerte Heizanlagen.“ Diese Kellerräume sollten die Bürger so gut wie möglich schützen. „Die Eigenvorsorge bleibt der entscheidende Faktor bei der Schadenminimierung.“

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