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Die beiden Gründer Moritz Kreppel (l.) und Benjamin Roth.

© Mike Wolff

Urban Sports Club: Fit auf der Plattform

Das Berliner Start-up will zum größten Fitness-Anbieter in Europa werden - mit einer guten Idee und einer aggressiven Strategie

Von Laurin Meyer

Kaum sind Moritz Kreppel und Benjamin Roth eingezogen, da suchten die beiden Gründer schon wieder eine neue Bleibe. Das Loft in Berlin- Moabit, erst seit knapp einem Jahr die Heimat des Fitness-Startups Urban Sports Club, ist zu klein geworden. Mittlerweile arbeiten hier 120 Menschen, eng an eng in einem Großraumbüro. Dabei ist eigentlich nur Platz für 90. Eigene Fitnessgeräte bekommt das vielversprechende Sport-Start- up nicht mehr unter. Immerhin eine Tischtennisplatte und ein Kraftgerät stehen noch im Gemeinschaftsraum. Für die Gründer ist das nicht weiter schlimm: „Neben der Arbeit ist es nicht immer einfach, Zeit für Sport zu finden“, sagt Kreppel.

Das Platzproblem zeigt, was die beiden Jungunternehmer vorhaben: Sie wollen Urban Sports Club zum größten Sport- und Fitness-Anbieter in Europa machen – und das ohne auch nur ein einziges Studio selbst zu betreiben. Ihr Geschäftsprinzip: Das Unternehmen schließt Kooperationen mit Tausenden Studios und Hallen, die Kunden schließen wiederum einen Vertrag mit Urban Sports Club – und bekommen so Zutritt zu sämtlichen Sportangeboten in ihrer Stadt. Der Langzeitvertrag mit ein und demselben Fitnessstudio hätte ausgedient. Stattdessen können Hobbysportler täglich neu entscheiden: Heute Krafttraining oder doch lieber ins Schwimmbad?

Wer mehr zahlt, bekommt mehr

Im Angebot haben die beiden Gründer jedenfalls mehr als 50 Sportarten von Partnern – darunter klassische Fitnessstudios, Kletterhallen, Yoga-Kurse, aber auch ausgefallenere Aktivitäten wie Wasserski und Bogenschießen. Wie oft ein Kunde in welchen Partnerclub gehen darf, hängt vom Tarif ab. Wer monatlich 29 Euro zahlt, kann einmal pro Woche nur bei ausgewählten Partnern Sport machen – Kletterhallen oder Spa gehören da gar nicht erst dazu. Für 129 Euro im Monat gibt es dann Zutritt zu Angeboten in allen Clubs.

Die Idee für das Konzept wurde schon Ende der 2000er-Jahre geboren, damals unter dem Namen „Pyler“. Mit dem Start-up wollte Benjamin Roth eine Buchungsplattform für Fußballhallen aufbauen. „Die Idee war damals allerdings ein wenig ihrer Zeit voraus“, blickt Roth zurück. Das Startup scheiterte, das Konzept ist geblieben. Als Roth über einen gemeinsamen Freund seinen heutigen Kollegen Moritz Kreppel kennenlernte, griffen sie die Idee wieder auf und starteten mit Urban Sports Club in 2012 einen neuen Anlauf. Denn vom Geschäft war Roth nach wie vor überzeugt: „Ich wollte den Zugang zu Sportaktivitäten so einfach wie möglich gestalten.“ Auch aus der eigenen Erfahrung heraus. Beide arbeiteten vor ihrer Gründerzeit als Unternehmensberater und waren beruflich viel unterwegs, hatten deshalb gleich mehrere Verträge mit verschiedenen Fitnessstudios.

Die Kundenzahl wächst fünfstellig - im Monat

Mit ihrem Konzept scheinen Roth und Kreppel, inzwischen 40 und 37 Jahre alt, jedenfalls den Nerv vieler Amateursportler getroffen zu haben. Denn ihr Start-up wächst europaweit rasant: Jeden Monat kämen Neukunden im fünfstelligen Bereich hinzu. Allein in Berlin sind mehrere Zehntausend schon Mitglied, sagen sie, ohne allerdings konkret zu werden. Und das verleitet offenbar immer mehr Sporteinrichtungen dazu, bei Urban Sports Club mitzumachen. Denn auch die Zahl der Partner wachse jeden Monat dreistellig. Derzeit sind es insgesamt 3500 in 35 deutschen Städten sowie in Paris, Lyon, Lissabon, Mailand und Rom.

Urban Sports Club profitiert vom neuen Fitness-Lifestyle: Sportarten wie Yoga und Bouldern haben es vom Trend in die Masse geschafft. Doch der Wachstumskurs ist nicht allein auf eine gute Idee und den lukrativen Markt zurückzuführen. Die beiden Chefs verfolgen seit Jahren eine aggressive Strategie. Und die funktioniert so: Geld einsammeln und Konkurrenten übernehmen. Erst kürzlich schloss sich der Münchner Mitbewerber „FITrate“ den Berlinern an. Bereits 2015 hat Urban Sports Club einen Fitness-Vermittler übernommen, der auf das gleiche Geschäftskonzept setzte. Ein Jahr später fusionierte das Unternehmen dann mit dem bis dahin zweitgrößten deutschen Wettbewerber „Somuchmore“, einer Beteiligung von Rocket Internet. Die daran beteiligten Investoren, zu denen neben Rocket Internet auch Holtzbrinck Ventures und eine lettische Firma gehören, brachten einen siebenstelligen Betrag mit zum Berliner Start-up. Nur wenige Monate später stockte Holtzbrinck seine Beteiligung noch einmal um einen Millionenbetrag auf.

Mittlerweile beteiligen sich die Kunden an der Akquise

Der Fokus liegt auf Wachstum und der internationalen Expansion. „Finanzierungsrunden sind dafür natürlich wichtig“, sagt Kreppel, „aber ganz sicher kein Selbstzweck“. Auch das Angebot müsse stimmen, im Fall des Fitness-Start-ups also die Vielfalt und Abdeckung mit Partnerclubs. Die große Dominanz am Markt scheint ihnen jedenfalls zu helfen: Vor sechs Jahren hätten die Mitarbeiter noch mühsam mit Power-Point-Präsentationen um Partner geworben, sagt Marketingchef Torsten Müller. Doch mittlerweile würden sogar die eigenen Kunden auf Anbieter zugehen, die noch nicht Teil des großen Netzwerks sind.

Druck zulasten der einzelnen Betreiber würde es aber nicht geben. „Das Modell ist für unsere Partner definitiv lukrativ“, sagt Müller. Schließlich würden über Urban Sports Club auch Freizeitsportler in die Studios kommen, die sonst keinen Vertrag mit nur einem Anbieter geschlossen hätten. Pro Besuch eines Kunden bekommen die Partner eine fixe Provision, sagt Müller – ohne allerdings Zahlen zu nennen.

Partnervermittlung ohne Dating

Profitieren würden davon alle. Denn noch wichtiger als die Ausstattung und Qualität der Studios sei den Mitgliedern die Nähe zum Wohnort, hat das Unternehmen festgestellt. Einen Sturm auf die besten Studios gebe es also nicht – auch deshalb nicht, weil viele Premium-Partner nur den besonders zahlungswilligen Kunden offenstehen. Die Zahlen des Marketingchefs zeigen außerdem, dass die Mitglieder den Fitness-Vermittler in der Breite nutzen. Zwischen drei und vier Sportarten macht der durchschnittliche Kunde, und selbst für ein und denselben Sport wechselt er häufiger die Partnerclubs.

An ihrem grundsätzlichen Konzept wollen die beiden Chefs festhalten. Für mehr sei ihr Unternehmen noch zu jung. An Ideen für die Zukunft mangelt es trotzdem nicht. Langfristig wollen sie etwa ihre Mitglieder besser vernetzen, schließlich werde auch bei Konkurrenten der Community-Faktor immer wichtiger. Mitglieder könnten sich über die Plattform zum gemeinsamen Training verabreden oder über Erfolge austauschen und zum Essen verabreden. Zur Partnervermittlung für Hobbysportler soll Urban Sports Club aber nicht werden: „Wir würden es nicht als Dating bezeichnen.“

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