Wirtschaft: Verschweigt die Regierung Beraterverträge?
CDU-Experte vermisst bei der Auflistung der Mandate das Umweltministerium und das Bundespresseamt
Berlin (asi). Die Union wirft der Bundesregierung noch immer vor, die wahren Kosten für externe Beratungsaufträge, Gutachten und Expertenkommissionen zu verschleiern. Nachdem die Regierung Anfang der Woche diese Aufträge der Ministerien und Bundesbehörden in den vergangenen sechs Jahren in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Unionsfraktion aufgelistet hat, behauptete deren wirtschaftspolitischer Sprecher, KarlJosef Laumann (CDU), am Dienstag, die Angaben seien „unvollständig“.
Insbesondere kritisierte Laumann, dass „sämtliche Gutachten und Beraterverträge des Umweltministeriums und des Bundespresseamtes“ fehlen. In der kommenden Woche will die Union im Bundestag deshalb erneut auf Aufklärung dringen. Hintergrund der Anfrage waren Beraterverträge insbesondere der Bundesanstalt für Arbeit, die vor wenigen Tagen zum Rücktritt des BA-Vorstandschefs Florian Gerster geführt hatten.
In der Antwort auf die parlamentarische Anfrage listet das Bundesfinanzministerium Verträge „für Berater, Gutachten und Expertenkommissionen von 1999 bis einschließlich 2003“ im Wert von 168,8 Millionen Euro auf. Allein das Bundesverkehrsministerium hat danach im Zuge des Ausschreibungsverfahrens für die Lkw-Maut einen Beratervertrag über 15,64 Millionen Euro vergeben. Dazu gehören auch Beratungstätigkeiten zur Unterstützung des Ministeriums „bei der Vergabeentscheidung sowie fachliche Begleitung der praktischen Einführung dieses Systems bis zur Betriebsbereitschaft“.
In dem Antwortschreiben sind auch Beratertätigkeiten für Bundesbehörden aufgelistet. Den durchschnittlichen Tagessatz für Beratung gab das Finanzministerium mit rund 1500 Euro an und nannte dies „branchenüblich“. Zur Begründung wies das Ministerium darauf hin, dass alle Regierungen der „Politikberatung einen hohen Wert beigemessen“ hätten. Insbesondere Beratung zur Unterstützung politischer Entscheidungsprozesse entspreche dem Leitbild des modernen Staates. Sachverstand von außen werde für Projekte hinzugezogen, ohne diesen in der Verwaltung mit hohem Fortbildungsaufwand aufbauen und kostenintensiv dauerhaft vorhalten zu müssen. Wer die Aufträge im Einzelnen erhielt, will die Bundesregierung „aus rechtlichen Gründen“ nicht mitteilen.
Insbesondere der Unions-Finanzexperte Dietrich Austermann (CDU) zweifelt die Vollständigkeit der Regierungsaufstellung an. Er warf der Regierung vor, mehrere Bereiche vollständig ausgeklammert zu haben. Allein im Verteidigungsministerium seien in den vergangenen vier Jahren Kosten über 500 Millionen Euro für Berater entstanden.
Das Umweltministerium bezeichnete es als „völlig normal“, dass es in der Regierungsaufstellung keinerlei Angaben zu Verträgen der Behörde von Minister Jürgen Trittin gibt. Ein Sprecher sagte, bei der Anfrage der Union habe es sich ganz eindeutig um Beratungsleistungen im Umfeld von Kommunikations- und Politikberatung gehandelt. „Solche Beratungsverträge wurden vom Umweltministerium weder in der letzten noch in dieser Amtsperiode vergeben.“ Gutachten und Kommissionen von technischen Büros und Anwaltskanzleien im Zusammenhang mit den Forschungsbereichen des Ministeriums seien gleichwohl vergeben worden. Sein Haus liste diese Aufträge auch im Internet auf, sagte der Sprecher. Vermutungen der Union, Trittin habe bewusst keine Angaben über die Beratungsverträge seines Hauses gemacht, wies der Sprecher am Dienstag zurück. Gleichwohl räumte er ein, dass eine „weitergehende“ Anfrage, die alle Beratungsleistungen und Kommissionen abfrage, zu einem anderen Ergebnis kommen werde.
In Niedersachsen wollen derweil jetzt die Grünen die Beratungskosten der ehemaligen SPD-Landesregierung unter Gerhard Schröder und Sigmar Gabriel (beide SPD) näher unter die Lupe nehmen. Dabei interessieren sie sich insbesondere für Verträge mit dem Beratungsunternehmen Roland Berger GmbH. Unter dem ehemaligen Ministerpräsidenten Gabriel war die Zahl der Verträge im Land vor zwei Jahren auf Initiative der dortigen CDU-Fraktion mit 368 angegeben worden. Die Grünen bezweifeln dies allerdings und vermuten, dass es weitere Verträge insbesondere mit Berger gegeben hat, die die SPD-Landesregierung bewusst nicht veröffentlicht hat.
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