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Ein VW-Techniker arbeitet an der finalen Inspektion eines E-Autos.

© REUTERS/Matthias Rietschel

Update

Zehntausende Arbeitsplätze betroffen: Volkswagen will mindestens drei Werke schließen

Der VW-Vorstand will dem Betriebsrat zufolge gleich mehrere Werke schließen. „Alle deutschen VW-Werke sind davon betroffen. Keines ist sicher“, berichtet die Interessenvertretung.

Stand:

Volkswagen will nach Angaben des Betriebsrats in Deutschland mehrere Werke schließen und zehntausende Arbeitsplätze abbauen. „Der Vorstand will in Deutschland mindestens drei VW-Werke dichtmachen“, sagte Konzernbetriebsratschefin Daniela Cavallo bei einer Informationsveranstaltung für die Belegschaft in Wolfsburg.

Alle verbleibenden Standorte sollten zudem schrumpfen, fügte sie hinzu. Über diese Pläne habe der Konzern nun die Arbeitnehmerseite informiert.

VW-Werk in Osnabrück gefährdet

Als besonders gefährdet gilt laut Betriebsrat das Werk in Osnabrück, das kürzlich einen erhofften Folgeauftrag von Porsche verloren hatte.

Alle deutschen VW-Werke sind von diesen Plänen betroffen. Keines ist sicher!

Konzernbetriebsratschefin Daniela Cavallo

VW beschäftigt in Deutschland rund 120.000 Mitarbeiter, davon rund die Hälfte in Wolfsburg. Insgesamt betreibt die Marke VW in Deutschland zehn Werke, davon sechs in Niedersachsen, drei in Sachsen und eins in Hessen.

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Zudem plane der Vorstand betriebsbedingte Kündigungen, sagte Cavallo. Laut Betriebsrat droht der Verlust von Zehntausenden Arbeitsplätzen. Ganze Abteilungen sollten geschlossen oder ins Ausland verlagert werden.

„Alle deutschen VW-Werke sind von diesen Plänen betroffen. Keines ist sicher!“, sagte Cavallo. Nähere Angaben macht sie nicht. VW hatte im September die seit mehr als 30 Jahren geltende Beschäftigungssicherung aufgekündigt. Ab Mitte 2025 wären betriebsbedingte Kündigungen möglich.

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Kanzler Scholz dringt auf Jobsicherung

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dringt nach Angaben eines Regierungssprechers darauf, dass Probleme des Unternehmens nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden dürfen. Haltung des Kanzlers sei es, „dass es jetzt darum geht, Arbeitsplätze zu erhalten und zu sichern“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag in Berlin.

Man wolle nun abwarten, was die Unternehmensführung selbst zu den Angaben der VW-Betriebsratsvorsitzenden erkläre. Ihm seien die Äußerungen der Betriebsratsvorsitzenden vorher nicht bekannt gewesen, betonte Büchner. Auch die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums verwies darauf, dass man nun zunächst eine Stellungnahme der VW-Führung abwarte. 

SPD-Bundestagsfraktionsvize Verena Hubertz hat VW ebenfalls vor einem Job-Abbau gewarnt. „Wenn falsche Management-Entscheidungen getroffen werden, darf das nicht dazu führen, dass die Beschäftigten dafür hinhalten müssen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Gerade jetzt muss die Sozialpartnerschaft bei VW ihre Wirkung zeigen. Ich erwarte mir von der Unternehmensführung, ihrer Verantwortung für die Beschäftigten in dieser Ausnahmelage gerecht zu werden.“

Söder: „Green Deal und Ampel-Beschlüsse kosten Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit“

Als Reaktion auf die möglichen Werksschließungen fordert Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder eine radikale Kehrtwende in der deutschen Wirtschaftspolitik. „Es braucht einen Auto-Marshallplan“, sagte Söder der Deutschen Presse-Agentur in München. „Die Entwicklung bei VW ist brutal für den Autostandort Deutschland, auch wenn offenkundig Managementfehler gemacht wurden“.

„Das ist das Ergebnis des versprochenen grünen Wirtschaftswunders: Rezession und Rückschritt“, sagte Söder. Die EU und Deutschland schwächten die deutsche Autoindustrie nachhaltig durch falsche Entscheidungen seit Jahren. „Der Green Deal und die Ampel-Beschlüsse kosten Europa und Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit.“

Konkret forderte Söder die Aufhebung des geplanten Verbrennerverbotes in der EU und Technologieoffenheit sowie die Aussetzung aller CO2-Strafzahlungen und keine Zölle auf Autos. Ferner müsse die Wiedereinführung der Prämie für Elektroautos in Deutschland und für den Export wieder eingeführt und verbilligter Ladestrom für E-Autos in Deutschland zur Verfügung gestellt werden. Es brauche auch einen Transformationsfonds für alle Auto-Zulieferer in Deutschland. E-Autos sollten zudem stundenweise kostenlos in Innenstädten parken dürfen.

VW rechtfertigt Sparkurs

In der erwarteten Stellungnahme hat der Konzern seine Sparpläne erneut verteidigt. „Fakt ist: Die Lage ist ernst und die Verantwortung der Verhandlungspartner ist enorm“, sagte Personalvorstand Gunnar Kilian laut einer Mitteilung. „Ohne umfassende Maßnahmen zur Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit werden wir uns wesentliche Zukunftsinvestitionen nicht leisten können.“

Daniela Cavallo, Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats der Volkswagen AG, spricht bei einer Informationsveranstaltung des Gesamtbetriebsrates der Volkswagen AG im VW-Stammwerk Wolfsburg.

© dpa/Julian Stratenschulte

Konkrete Angaben zu den von Betriebsratschefin Cavallo genannten Plänen machte Kilian nicht. „Wir halten an dem mit der Mitbestimmung vereinbarten Grundsatz fest, die Diskussion um die Zukunft der Volkswagen AG zuerst intern mit unseren Verhandlungspartnern zu führen“, sagte er.

Markenchef Thomas Schäfer begründete den Schritt mit den hohen Kosten an den deutschen Standorten. „So wie bisher können wir nicht weitermachen“, so Schäfer laut Mitteilung.

So wie bisher können wir nicht weitermachen.

Markenchef Thomas Schäfer

„Wir sind an den deutschen Standorten nicht produktiv genug und liegen aktuell bei den Fabrikkosten 25 bis 50 Prozent über dem, was wir uns vorgenommen haben. Damit sind einzelne deutsche Werke doppelt so teuer wie der Wettbewerb“, hieß es weiter. Ziel bleibe, die Umsatzrendite bis 2026 auf 6,5 Prozent zu steigern. Nur so ließen sich die notwendigen Investitionen in die Zukunft finanzieren.

IG Metall: Werkschließungen in keiner Weise hinnehmbar

Die IG Metall will die jüngsten Pläne von VW zu Werksschließungen und Stellenabbau nicht hinnehmen. „Diese Rabiatpläne des Vorstandes sind in keiner Weise hinnehmbar und ein Bruch mit allem, was wir in den letzten Jahrzehnten im Unternehmen erlebt haben“, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger.

„Das ist ein tiefer Stich in das Herz der hart arbeitenden VW-Belegschaft!“, sagte Gröger. „Wir erwarten, dass statt Kahlschlagfantasien von Volkswagen und seinem Vorstand am Verhandlungstisch tragfähige Zukunftskonzepte skizziert werden, dort, wo von Arbeitgeberseite bislang wenig mehr als Floskeln präsentiert wurde.“

Betriebsrat droht mit Gesprächsabbruch

Am Mittwoch kommen Konzern und die Gewerkschaft IG Metall zu ihrer zweiten Verhandlungsrunde über den VW-Haustarif zusammen. Bereits in der ersten Runde im September hatte VW die Forderungen der IG Metall nach sieben Prozent Erhöhung zurückgewiesen und stattdessen auf Einsparungen gedrängt. Nähere Angaben hatte VW dazu bisher nicht gemacht.

In der Infoveranstaltung am Montag sagte Betriebsratschefin Cavallo: „Der Vorstand steht gegen uns.“ Er habe nicht nur Verträge aufgekündigt, sondern alles, wofür die Kultur bei Volkswagen stehe. „Und er spielt somit massiv mit dem Risiko, dass hier bald alles eskaliert. Und damit meine ich, dass wir die Gespräche abbrechen und machen, was eine Belegschaft machen muss, wenn sie um ihre Existenz fürchtet.“

Laut Cavallo fordert VW nun zehn Prozent Lohnkürzung sowie Nullrunden in den kommenden beiden Jahren. Darüber hatte zuvor das „Handelsblatt“ berichtet. Der VW-Konzern kündigte in einer Mitteilung „konkrete Vorschläge zur Senkung der Arbeitskosten“ für die am Mittwoch anstehende Tarifrunde an. (dpa/Reuters)

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