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Die Zentrale der Deutschen Telekom in Bonn. Dem Konzern wird vorgeworfen, den Zugang zu seinem Mobilfunknetz zu verlangsamen.

© dpa/Oliver Berg

Vorwurf von Verbraucherschützern: Telekom soll Internetzugang absichtlich verlangsamen

Ein Bündnis mehrerer Organisationen wirft der Telekom vor, künstliche Engpässe im Netz zu schaffen und damit Geld zu verdienen. Der Konzern weist die Vorwürfe zurück und holt zur Gegenkritik aus.

Stand:

Verbraucherschützer haben bei der Bundesnetzagentur eine Beschwerde gegen die Deutsche Telekom eingereicht. Der größte deutsche Netzanbieter soll demnach nicht alle Onlinedienste gleich behandeln. Stattdessen verlangsame die Telekom das Netz künstlich und würde einen ungehinderten Zugang gegen Zahlung ermöglichen.

Damit würde der Bonner Konzern gegen das Gebot der Netzneutralität verstoßen. Die Telekom weist die Vorwürfe im Tagesspiegel zurück. Ein Sprecher der Netzagentur bestätige am Freitag auf Tagesspiegel-Anfrage den Eingang der Beschwerde. Zu inhaltlichen Fragen wollte man sich nicht äußern. Zuerst hatte der „Spiegel“ über den Vorgang berichtet.

Was die Deutsche Telekom hier betreibt, ist ein Frontalangriff auf das offene Internet.

Barbara van Schewick, Stanford-Professorin

„Die Telekom schafft künstliche Engpässe am Netzeingang und verkauft bezahlte Überholspuren, auf denen finanzstarke Dienste den Datenstau umfahren können“, sagte Barbara van Schewick, Professorin für Internetrecht an der Stanford Universität, dem „Spiegel“. Die Forscherin sprach von einem „Frontalangriff auf das offene Internet“.

Verbraucherschützer sprechen von Zweiklassengesellschaft

Der Vorwurf: Online-Anbieter könnten Geld an den Bonner Konzern zahlen, damit ihre Dienste schnell in das Telekom-Netz geleitet würden und problemlos zugänglich seien. Wer das nicht täte, würde ausgebremst und dessen Seiten seien schlechter oder gar nicht erreichbar. Die Folge sei eine Zweiklassengesellschaft im Internet. Mit diesem Vorwurf werden Internetanbieter seit Jahren konfrontiert; befeuert wurde er vor allem durch das Aufkommen von Flatrates.

Mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und der Verbraucherzentrale hat van Schewick die Kampagne „Netzbremse“ ins Leben gerufen. Anfang des Jahres rief man Nutzerinnen und Nutzer auf, etwaige Probleme zu melden. Dem sind offenbar Menschen gefolgt. Die Verbraucherzentrale gab an, Hunderte Beschwerden dokumentiert zu haben. Demnach meldeten Telekom-Kundinnen und -Kunden etwa, dass bestimmte Webseiten langsam oder überhaupt nicht laden würden, Spiele ruckeln oder Video-Calls abbrechen würden.

Die erhobenen Vorwürfe sind falsch und zeugen von rechtlichem und technischem Unverständnis.

Nicole Schmidt, Telekom-Sprecherin

Für die Beschwerdeführer ist klar: Die Telekom verstößt gegen das Netzneutralitätsgesetz. Zum einen, weil bezahlte Überholspuren verboten seien. Zum anderen verletze man das Recht der Endnutzer, über ihren Internetzugang Inhalte und Dienste frei wählen zu können. Der Bonner Telekommunikationskonzern sei dabei der einzige Anbieter, der Engpässe am Netz finanziell ausnützen würde.

Bei der Telekom weist man die Beschwerde dagegen zurück. „Die erhobenen Vorwürfe sind falsch und zeugen von rechtlichem und technischem Unverständnis“, sagte eine Konzern-Sprecherin dem Tagesspiegel. Die Telekom verletze das Gebot der Netzneutralität nicht. Man sei sicher, dass das auch die Bundesnetzagentur feststellen würde. Einer Überprüfung sehe man daher gelassen entgegen.

Stattdessen holte man zur Kritik gegen die Verbraucherzentrale aus. „Aus unserer Sicht fahrlässig ist, dass sich die Verbraucherzentrale mit rufschädigenden Vorwürfen vor den Karren großer Konzerne spannen lässt“, so die Telekom-Sprecherin. „Denn gerade die sind es, die unter dem Mantel der Netzneutralität ihre Geschäftsinteressen und Regeln im Internet durchsetzen wollen.“ Die geringe Anzahl der über Monate von der Verbraucherzentrale gesammelten und ungeprüften Vorwürfe spräche angesichts von Millionen Kunden für sich.  

Die Deutsche Telekom ist der größte Netzanbieter in Deutschland, sowohl was die Netzqualität als auch die Netzabdeckung betrifft. In aktuellen Test belegt der Bonner Konzern den ersten Platz vor anderen Anbietern wie Vodafone und O2. Mit über 45 Millionen Mobilfunk-Kunden liegt die Telekom deutlich vor Vodafone (30 Millionen) sowie Telefónica/O2 (26 Millionen).

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