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Sogar abseits des Zentrum stiegen die Mieten in Berlin, im Bild Wohnungen in Marzahn

© Kitty Kleist-Heinrich

Folgen der Corona-Krise: Warum das Rettungspaket die Immobilien-Zinsen steigen lassen könnte

Vor dem Crash wie am Aktienmarkt sind Immobilien sicher. Aber die Corona-Krise könnte den Markt mit Verzögerung erschüttern. Denn die Zinsen dürften steigen.

Tief ins Minus stürzen die Aktien weltweit infolge der Coronakrise – um gut ein Drittel schrumpfte der Dax. Dagegen gelten Immobilien weiterhin als „sicherer Hafen“ für Anleger, wie das Institut für Wirtschaft schreibt. Doch so sicher sind Immobilienanlagen keineswegs. Und es gibt keinen Index, der in Echtzeit Auskunft über deren Wert gibt.

Dafür gibt es Indikatoren: die Mieten, deren Höhe von Lage und Nachfrage nach Immobilien am Markt abhängt und die Zinsen, die der Kapitalmarkt bestimmt. Immerhin sind die Mieten sicher. Und das ist nicht selbstverständlich in Krisen-Zeiten. Trotzdem fehlen in den meisten Ballungsgebieten – auch in Berlin – Wohnungen. Die landeseigene Förderbank IBB meldet in ihrem aktuellen Bericht zum Wohnungsmarkt so gut wie keinen Leerstand und stabile Mieten.

Ein Rückgang der Mieten ist nicht wahrscheinlich

Ein Rückgang der Mieten ist also unwahrscheinlich. Ebenso wie deren weiterer Anstieg. Schon vor Beginn der Coronakrise stiegen die Mieten in Berlin und vielen Metropolen jahrelang schneller als die Einkommen. Nun sind sie gesetzlich gedeckelt. Aber: Wegen der Krise wird mithilfe der Rettungspakete des Bundes jenen geholfen, die in Not geraten.

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Einige Mieter werden wegen der aktuellen Situation zunächst nicht zahlen können. Diese Option räumen die Corona-Gesetze ein. Aber nachzahlen müssen die Betreffenden schon. Die Schulden sind nur gestundet. Gut möglich, dass der Bund nachbessert: Der Verband der PSD Banken fordert staatliche „Hilfszahlungen für Privatpersonen“. Damit die Krise nicht zuerst die Mieter und später dann die Vermieter in Not bringt. Wenn Mieter nicht zahlen können, ist es Vermietern möglich, bei ihren Banken einen Aufschub zu verlangen: Sie können ihrerseits Baugeld-Zinsen stunden lassen – auch das sieht das Corona-Hilfspaket vor.

Ob die Immobilien damit wirklich „stabil aus der Coronakrise“ hervorgehen werden, wie Felix von Saucken vom internationalen Makler-Verbund Colliers voraussagt, hängt auch von der weiteren Zinsentwicklung ab. „Die Coronakrise hat Bauzinsen zuerst auf Talfahrt geschickt und lässt sie jetzt leicht ansteigen“, sagt Mirjam Mohr, Vorständin beim Online-Finanzierungs-Vermittler „Interhyp“. Bis zum Beginn der Pandemie ging es mit den Zinsen stetig abwärts und aufwärts mit den Immobilienpreisen. „Trotz der Erhöhungen ist Baugeld aber weiter sehr günstig“, sagt Mohr.

Hohe Zinsen "entwerten" die Immobilien

Doch das kann sich ändern. Falls die Baugeld-Zinsen steigen, werden die Immobilien-Preise stagnieren oder sinken. Denn bei fast jedem Immobilien-Geschäft helfen Banken mit Krediten aus, bis zu 80 Prozent des Kaufpreises sind üblich. Wenn diese Kredite mit höheren Zinsen bezahlt werden müssen, können die zusätzlichen Kosten nicht durch höhere Mieteinnahmen hereingeholt werden. Das „entwertet“ die Immobilie.

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Es ist wahrscheinlich, dass die Zinsen infolge der Krise steigen, weil der Bund Milliarden von Euro zur Abwendung einer Rezession einsetzt. Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest rechnet damit, dass Deutschland auf längere Zeit eine höhere Staatsverschuldung hinnehmen muss – und dass die Zinsen für deutsche Staatsanleihen mittelfristig steigen werden. „Statt wie aktuell Geld von seinen Schuldnern einzustreichen, wird Deutschland künftig für seine Schulden auch wieder Zinsen zahlen müssen“, erwartet Fuest. Das gilt dann auch für Immobilienbesitzer.

Die Bundesanleihen geben den Takt vor

Die Renditen langjähriger deutscher Bundesanleihen geben den Takt für die Höhe der Hypothekenkredite vor. Je mehr Schulden der Staat macht, desto mehr „entwertet“ er das Geld. So steigen die Renditen und auch das treibt die Kosten für Baugeld hoch. Vor der Krise war das europäische Finanzsystem auf Stabilität eingeschworen und die Verschuldung durch die Wirtschaftsleistung begrenzt. Das ändert sich jetzt durch die beispiellosen Rettungspakete.

„Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe ist wieder gestiegen – auch aufgrund der erwarteten Kosten für die Hilfsprogramme des Staates“, heißt es beim Finanzierungs-Vermittler „Interhyp“. Noch ist Baugeld günstig zu haben, mit zehnjähriger Zinsbindung für „unter 0,7 Prozent“. Es wird immer wahrscheinlicher, dass diese Zeit endet.

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