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Der deutsche Leitindex Dax sprang auf über 11.000 Punkte.
© AFP

Dax 11000: Warum die Aktienkurse steigen

Der Leitindex Dax ist am Freitag auf über 11.000 Punkte gesprungen. Das lag an guten Konjunkturdaten und der lockeren Geldpolitik der EZB. Deutsche Anleger profitieren davon jedoch kaum.

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Es war ein Tag für Optimisten. Wie die Statistikbehörden mitteilten, wächst die Wirtschaft sowohl in Deutschland als auch in der Euro-Zone stärker als erwartet. Griechenland könnte aufs Jahr gerechnet die Rezession hinter sich lassen. Und auch der angekündigte Waffenstillstand in der Ukraine lässt Beobachter aufatmen. Kommen so viele gute Nachrichten zusammen, werden Anleger mutiger: Sie kaufen mehr Aktien, die Kurse steigen.

Prompt hat der Leitindex am Freitag dann auch zum ersten Mal in seiner Geschichte die Marke von 11.000 Punkten übersprungen. Bereits kurz nach Handelseröffnung kletterte der Dax auf 11.013 Punkte. Experten sprechen in einem solchen Fall gerne von einer „psychologisch wichtigen Marke“. Sie vermuten, dass die Anleger dann eher an einen weiteren Aufwärtstrend glauben und noch mehr Aktien kaufen. Wichtiger als diese Psychologie der Zahlen dürfte für die Kursentwicklung aber die Frage sein, wie es der deutschen Wirtschaft und den hiesigen Konzernen geht. Und um die steht es derzeit besser als erwartet.

Das Wirtschaftswachstum

Im letzten Quartal 2014 hat das Wirtschaftswachstum in Deutschland um 0,7 Prozent zulegt. Dabei hatten Volkswirte gerade einmal mit einem Plus von 0,3 Prozent gerechnet. ING-Diba-Chef-Ökonom Carsten Brzeski begründet die gute Entwicklung vor allem mit dem niedrigen Ölpreis. Denn der hat das Tanken und Heizen verbilligt, wodurch die Verbraucher mehr Geld für andere Dinge ausgeben konnten. Auf das Jahr gerechnet ist die Wirtschaft demnach um 1,6 Prozent gewachsen – auch das ist etwas mehr als von Experten vorhergesagt.

Nach Ansicht von Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe, profitiert auch der Süden Europas von Deutschlands Aufschwung. „Für die schuldengeplagten Länder des Euro-Raums ist die gute Botschaft, dass Deutschland auch wesentlich mehr importierte“, sagt er. „Die deutsche Volkswirtschaft kommt also gewissermaßen ihrer europäischen Pflicht nach und schiebt auch das Wachstum in den benachbarten Ländern an.“ Geholfen haben könnte das auch Griechenland, dessen Wirtschaft im vergangenen Jahr nach ersten Berechnungen um 0,8 Prozent gewachsen ist. Stimmen die Zahlen, hieße das, dass das Krisenland nach sechs Jahren die Rezession hinter sich gelassen hat.

Die Aktienkurse

Neben den guten Wirtschaftsdaten liegt der derzeitige Aktienboom vor allem an der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und Mario Draghis Billionen-Plan. Der Notenbankchef will über Anleihekäufe monatlich 60 Milliarden Euro in den Markt pumpen. Wenn so viel Geld in die Realwirtschaft strömt, fließt ein Teil davon über die Banken und Unternehmen zwangsläufig in den Aktienmarkt. Gleichzeitig hält die EZB das Zinsniveau so niedrig, dass sich andere Anlageformen kaum noch rechnen. „Zur Aktienanlage gibt es derzeit keine Alternative, so dass die Börsen von einem Rekord zum nächsten laufen“, sagt Portfoliomanager Ludwig Donnert von Orca Capital.

Zwar trifft dieses Zinstief auch die deutschen Sparer heftig –doch sie scheuen dennoch weiter vor der Anlage in Aktien zurück. Gerade einmal sieben Prozent ihrer Ersparnisse haben sie derzeit in Firmenpapieren angelegt. Entsprechend wenig profitieren sie derzeit von den aktuellen Kursanstiegen.

Wer profitiert

Die großen Gewinne fahren andere ein: „Ein Großteil der deutschen Aktien geht ins Ausland“, sagt Gerrit Fey vom Deutschen Aktieninstitut. Vor allem institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Versicherungen und Fondsgesellschaften aus den USA und Großbritannien kaufen die deutschen Firmenpapiere. Denn im angloamerikanischen Raum gibt es eine viel stärkere Aktienkultur als hierzulande. Zudem sitzen dort die Hedgefonds, die besonders große Summen bewegen. Weil die deutsche Wirtschaft sich seit Jahren gut entwickelt, ist der deutsche Aktienmarkt auch für sie interessant.

Zu den Gewinnern zählen zudem die Blitzhändler. Sie haben ihre Computer auch in der Nähe der Frankfurter Börse aufgebaut und profitieren von einem Zeitvorsprung in Millisekunden: Sie kaufen in Windeseile eine Aktie an der einen Börse und verkaufen sie an der anderen, noch bevor dort die neuen Kurse erfasst sind.

Wer verliert

Die deutschen Versicherer haben kaum etwas vom derzeitigen Aktienboom. Denn anders als ihre US-Konkurrenten machen sie um die Firmenanteile einen Bogen: Von den knapp 1,2 Billionen Euro, die die deutschen Versicherer verwalten, stecken gerade einmal 3,5 Prozent in Aktien. Bei den Lebensversicherern sind es sogar nur 3,4 Prozent, teilt der Gesamtverband der deutschen Versicherer (GDV) auf Anfrage mit. „Die Versicherer haben den Aktienboom verschlafen“, sagt Axel Kleinlein, Chef des Bundes der Versicherten. „Die Unternehmen investieren prozyklisch und werden immer wieder von Marktentwicklungen überrascht.“

Schuld daran seien aber nicht nur die Versicherungsgesellschaften, sondern auch die Finanzaufsicht Bafin, die die Versicherer mit ihren Empfehlungen und Regulierungen in festverzinsliche Wertpapiere getrieben habe.

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