
© Dietgard Mensing
Weihnachtsgeld für die Hälfte der Beschäftigten: Zwischen 250 und 4235 Euro
Erhebung der Böckler-Stiftung: Tarifvertrag ist entscheidend. Männer bekommen mehr als Frauen, Unterschied zwischen West und Ost aufgrund der Tarifbindung.
Stand:
Alle Jahre wieder wirbt die Böckler-Stiftung im November für Tarifverträge. In diesem Herbst erhalten 77 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit Tarifvertrag Weihnachtsgeld, ohne Tarifvertrag sind es mit 41 Prozent deutlich weniger. Alles in allem bekommen 51 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den kommenden Wochen die Sonderzahlung überwiesen; vor einem Jahr waren es 52 Prozent gewesen.
Das wissenschaftliche Institut der DGB-Stiftung hat die Angaben von 58.000 Beschäftigten mithilfe des Portals Lohnspiegel.de erhoben und ausgewertet. Danach reicht die Spannweite des tariflich festgeschriebenen Weihnachtsgelds von 250 Euro (Landwirtschaft in Bayern) bis zu 4235 Euro in der Chemieindustrie (NRW).
Vergleichsweise hohe Beträge werden ferner in der Energieversorgung Nordrhein-Westfalen (4113 Euro), der Süßwarenindustrie Baden-Württemberg (3900 Euro) und der Textilindustrie in Westfalen (3751 Euro) gezahlt. „Auch im privaten Bankgewerbe (3719 Euro) und bei der Deutschen Bahn (3399 Euro) können sich Beschäftigten über ein dickes Extra freuen“, schreibt die Böckler-Stiftung.
Einen rechtlich verbindlichen Anspruch auf Weihnachtsgeld sichert die Vereinbarung in einem Tarifvertrag. Da die Tarifbindung hierzulande kontinuierlich sinkt, wirkt sich das auf die Grundgehälter und die Sonderzahlungen aus.
Nach Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit waren 2024 nur noch 49 Prozent der Beschäftigten in Betrieben und Behörden mit Tarifvertrag tätig, verglichen mit 68 Prozent im Jahr 2000.
Im Osten ist die Tarifbindung noch erheblich geringer ist als im Westen, das macht sich beim Weihnachtsgeld bemerkbar: 53 Beschäftigten im Westen bekommen die Extrazahlung, aber nur 41 Prozent im Osten. Dass Männer mit 54 Prozent häufiger Weihnachtsgeld erhalten als Frauen (48 Prozent) erklärt sich auch mit der geringen Tarifbindung in Dienstleistungsbranchen, in denen überproportional viele Frauen arbeiten.
Grund für die sinkende Tarifbindung, der die Bundesregierung mit einem Bundestariftreuegesetz begegnen will, ist neben dem Ausscheren etablierter Unternehmen – wie zuletzt bei Adidas –, dass zunehmend Betriebe versuchen, einen Tarifvertrag zu verhindern.
Beispiele dafür sind Amazon oder Tesla. „Einen Tarifvertrag durchzusetzen, erfordert meist einen langen Atem – und setzt voraus, dass Belegschaft und Gewerkschaft gemeinsam dafür kämpfen“, sagt Bettina Kohlrausch, Direktorin der Böckler-Stiftung.
Da Tarifverträge oft regional ausgehandelt werden, gib es teilweise zwischen Bundesländern und auch zwischen Ost- und Westdeutschland erhebliche Unterschiede beim Weihnachtsgeld. In einigen Branchen beträgt die Differenz mehrere hundert Euro, in Einzelfällen wie im Bauhauptgewerbe sogar über tausend Euro zugunsten der Beschäftigten im Westen. Ein Ausnahmefall ist die Landwirtschaft, wo das Weihnachtsgeld in Mecklenburg-Vorpommern mit 275 Euro geringfügig höher ist als in Bayern (250 Euro).
Die vollständige Angleichung an das Niveau im Westen sehen die bundesweit gültigen Tarifverträgen im privaten Bankgewerbe, in der Versicherungswirtschaft, im öffentlichen Dienst und bei der Deutschen Bahn vor.
Eine Ausnahme unter den großen Wirtschaftszweigen, in denen Tarifverträge gelten, aber kein Weihnachtsgeld gezahlt wird, ist das die Ausnahme. So bekommen die 700.000 Beschäftigten im Gebäudereinigungshandwerk keine Sonderzahlung. Das trifft auch zu für die Floristik und das ostdeutsche Bewachungsgewerbe.
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