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Auf die Reise. Ford-Modelle, die in Köln produziert wurden, werden auf dem Rhein verschifft.

© dpa

Trotz guter Daten: Wirtschaftsexperten warnen vor zu hoher Verschuldung

Deutschland kommt besser aus der Wirtschaftkrise als erwartet. Das ist jedoch kein Grund für die Regierung, sich zurückzulehnen, meinen die Wirtschaftsinstitute in ihrem Herbstgutachten.

Berlin - So gute Aussichten gab es seit der Wiedervereinigung nicht mehr: Um 3,5 Prozent soll die deutsche Wirtschaftsleistung in diesem Jahr steigen, die Zahl der Arbeitslosen dürfte im Jahresdurchschnitt 2011 erstmals wieder unter drei Millionen liegen.

Trotz dieser optimistischen Prognose warnten die acht führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten vor Euphorie. Es gebe noch Gefahren, die den Aufschwung wieder abwürgen könnten. „Die strukturellen Risiken sind noch nicht überwunden“, erklärten die Forscher. Die USA könnten zurück in eine Rezession fallen. Auch die chinesische Immobilienblase sei so ein Risiko, da die Volksrepublik mit ihrer Nachfrage nach deutschen Autos und Maschinen maßgeblich für den Boom verantwortlich sei. In Ländern wie Irland, Spanien und Großbritannien gebe es weiter eine hohe Verschuldung, eine Euro-Krise sei keineswegs ausgeschlossen.

Dank der steigenden Steuereinnahmen werde Deutschland die EU-Defizitgrenze von drei Prozent zwar schon im nächsten Jahr wieder einhalten können. Einen deutlichen Anstieg erwarten die Institute allerdings bei der Schuldenquote, die nach EU-Regeln nicht mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen soll. Wegen der Bankenrettungs- und Konjunkturpakete werde die Quote von 66 Prozent in 2008 auf 75 Prozent in diesem Jahr steigen. „Verharrt die Quote auf diesem Niveau oder stiege sie sogar weiter, so wäre auch hierzulande die Handlungsfähigkeit bei künftigen Schocks erheblich verringert“, schrieben die Gutachter. Eine Alternative zum Sparkurs der Regierung sehen die Forscher deshalb nicht. Zwar spüle der Aufschwung jetzt mehr Geld in die Staatskasse, die strukturelle Lücke zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Staates verbessere sich dadurch aber nicht.

Auch auf europäischer Ebene fordern die Forscher strengere Regeln für Defizitsünder. Im Fall einer Pleite dürften sich die Investoren nicht auf Staatshilfen wie den Rettungsschirm verlassen können, den die Euro-Partner für das angeschlagene Griechenland aufgespannt hatten. Die EU brauche Regeln für eine geordnete Insolvenz von Banken wie auch Staaten.

Dasselbe forderte am Donnerstag auch Bundesbankpräsident Axel Weber. Das Prinzip des gegenseitigen Haftungsausschlusses der Euro-Länder müsse wieder glaubhaft verankert werden, sagte Weber: „In letzter Konsequenz gehört dazu auch die Einrichtung eines zukünftigen Regelwerkes zur geordneten Restrukturierung von Staatsschulden.“ Eine vorübergehende finanzielle Unterstützung von Mitgliedsstaaten könne nur eine Option sein. Sie dürfe nur dann angewendet werden, wenn erstens eine erhebliche Ansteckungsgefahr für den Rest der Währungsunion bestehe und zweitens die Inanspruchnahme von Hilfen an strenge und schmerzhafte Auflagen geknüpft werde.

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