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Öffentliche Haushalte: Wirtschaftsweise wollen Schuldenbremse

Mit einer schärferen Regelung der Schuldenaufnahme könnten nach Ansicht der fünf Wirtschaftsweisen die Haushalte von Bund und Ländern langfristig saniert werden. Dafür soll im Grundgesetz ein Frühwarnsystem etabliert werden.

Berlin - Die aktuellen Regelungen zur Schuldenbegrenzung hätten sich als "zahnlose Tiger" erwiesen, sagte der Chef des Sachverständigenrates, Bert Rürup. Dort überreichte er Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein Gutachten, in dem ein in der Verfassung verankertes Frühwarnsystem zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen und eine größere Haushaltsdisziplin gefordert werden.

Merkel nannte das Gutachten ein "sehr hilfreiches Mittel" für die gerade begonnene zweite Stufe der Föderalismusreform, die die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu regeln soll. Rürup äußerte die Hoffnung, dass es "tiefe Spuren im Meinungsbildungsprozess der Bundesregierung hinterlassen wird". Die Koalition hatte die Expertise mit dem Titel "Staatsverschuldung wirksam begrenzen" im November in Auftrag gegeben.

Maximal Schulden in Höhe der Investitionen

Die Wirtschaftsexperten empfehlen eine Reform des Artikels 115 des Grundgesetzes. Dieser schreibt vor, dass der Bund jährlich Schulden maximal in Höhe der Investitionen aufnehmen darf. Unter den Investitionsbegriff fallen auch Abschreibungen und Privatisierungserlöse wie der Verkauf von Telekom-Aktien. Diese Erlöse müssen, anders als im Europäischen Stabilitätspakt, nicht herausgerechnet werden.

Der Artikel 115 akzeptiert bislang außerdem eine unbegrenzt hohe Neuverschuldung, wenn die Regierung damit ein gesamtwirtschaftliches Ungleichgewicht abwenden will. Das hebelt die Schuldengrenze nach Meinung der Gutachter aus. Alternativ solle eine neue Schuldenschranke eingeführt werden, die die kurzfristige Verschuldung begrenze. Rürup kritisierte, dass Bund und Länder derzeit den Verschuldungsbegriff "sehr exzessiv" auslegten. Deshalb müsse der Nettoinvestitionsbegriff enger gefasst werden.

Schuldenquote könnte fast halbiert werden

Wenn dieses Konzept umgesetzt werde, könne bei einer staatlichen Netto-Investitionsquote aller Gebietskörperschaften von gut einem Prozent und einem langfristigen Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent die Gesamtschuldenquote von Bund, Ländern und Kommunen von 68 Prozent auf 35 Prozent reduziert werden.

Rürup räumte ein, dass dies "ein fulminanter Konsolidierungsbedarf" sei, der kurzfristig nicht zu erreichen sei. "Das würde alle Länder und den Bund überfordern." Ein generelles Verschuldungsverbot lehnte Rürup ab. "Es gibt eigentlich kein Argument, dass man zukünftige Generationen nicht an der Finanzierung des Schuldendienstes beteiligt", sagte der Darmstädter Professor.

Glos: "Föderalismus stärken"

Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte, Artikel 115 habe als alleinige Schuldenbremse versagt. "Mir kommt es vor allem darauf an, Lösungen zu finden, die mit den europäischen Vorgaben übereinstimmen und zugleich den Föderalismus stärken", sagte Glos.

Der Vize-Vorsitzende der Föderalismuskommission, Ernst Burgbacher (FDP), begrüßte die Arbeit der Wirtschaftsweisen. Diese könne sich als "Königsweg zur Eindämmung der Schulden erweisen". Der Haushaltsexperte der Union, Steffen Kampeter, sagte, die Sanierung der Staatsfinanzen habe höchste Priorität: "Schulden sind ein Mühlstein am Hals der nächsten Generation." (tso/dpa)

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