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Wirtschaft: Wolfsburg sichert sich den Golf

Die VW-Beschäftigten arbeiten im Westen künftig länger. Der Konzern gibt Investitions- und Produktzusagen für sechs Werke

Berlin - Die Tarifeinigung bei VW wird im Wesentlichen begrüßt, Kritik gibt es in Analystenkreisen. Personalvorstand Horst Neumann sprach am Freitag von „einem großen Schritt bei der Restrukturierung von Volkswagen“. IG-Metall-Chef Jürgen Peters, der auch stellvertretender VW-Aufsichtsratschef ist, lobte den „Kompromiss, der Unternehmensziele und die Interessen der Beschäftigten gleichermaßen berücksichtigt“. Mit der Einigung ist nun sicher, dass der Golf auch künftig in Wolfsburg gebaut wird. Kritik kam von Albrecht Denninghoff, Autoanalyst bei der Commerzbank. „In zwei bis drei Jahren treffen wir uns wieder“, äußerte Denninghoff Zweifel an der Nachhaltigkeit der Tarifeinigung.

Im Kern des Kompromisses steht die Verlängerung der Arbeitszeit. Künftig arbeiten die noch gut 90 000 Beschäftigten in den sechs westdeutschen Werken in einem Korridor von 25 bis 34 Stunden, bislang sind es 28,8 Stunden. Wenn die Arbeitszeit auf bis zu 33 Stunden (Arbeiter) oder 34 Stunden (Angestellte) verlängert wird, gibt es dafür kein zusätzliches Geld. Als Ausgleich für die unentgeltliche Mehrarbeit zahlt VW für jeden Beschäftigten einen betrieblichen Rentenbaustein von 6300 Euro sowie eine Erfolgsbeteiligung. Grundlage für die Gewinnprämie ist das Ergebnis der Marke VW, die zuletzt nur knapp schwarze Zahlen erreichte. Kern der Marke sind die sechs westdeutschen Werke, für die nun der Tarifkompromiss ausgehandelt wurde. In diesen Werken wird nach Haustarif bezahlt, dessen Niveau bisher rund 20 Prozent über dem Flächentarif lag.

Als Gegenleistung für die längere Arbeitszeit gab VW Investitionszusagen für die Werke. Danach wird der nächste Golf und ein weiteres Modell in Wolfsburg gebaut. Die Kapazität im Stammwerk soll dann mit 460 000 Einheiten pro Jahr voll ausgeschöpft werden; derzeit werden in Wolfsburg nur rund 300 000 Autos im Jahr gebaut.

Für die übrigen Werke (Braunschweig, Hannover, Salzgitter und Kassel) gab es ebenso Zusagen wie für die Passat-Fertigung in Emden; dort ist ein weiteres Fahrzeug vorgesehen. Personalchef Neumann zufolge rechnen sich durch die längere Arbeitszeit weitere Produktionen an den Standorten. „Diese verbesserte Wettbewerbsfähigkeit ermöglicht eine höhere Auslastung.“

Für den Verhandlungsführer der IG Metall, Hartmut Meine, „haben die Beschäftigten ihren Beitrag zur Sanierung der Kernmarke erbracht, jetzt ist der Vorstand am Zug“. Die Auslastung der Fabriken ist für die Gewerkschaft der entscheidende Punkt. Denn nur wenn die Fabriken voll in Betrieb sind, wird VW die Arbeitszeit erhöhen und vom Spareffekt profitieren, da die zusätzlichen Arbeitsstunden ja nicht bezahlt werden. Also, so das Kalkül der IG Metall, hat VW ein hohes Interesse daran, die Fabriken auch wirklich voll auszulasten.

Autoanalyst Marc André Tonn von M. M. Warburg, lobte die „Reduzierung der Arbeitskosten“ und sprach von einem „Ergebnis, mit dem VW leben kann“. Ganz anders fällt die Einschätzung seines Kollegen Denninghoff von der Commerzbank aus. Da die Arbeitszeit nicht auf 35 Stunden erhöht werde, blieben die VW-Mitarbeiter noch immer teurer als zum Beispiel die Audi-Beschäftigten. Außerdem koste der Tarifkompromiss Geld. So gibt es für 2007 eine Einmalzahlung von 1000 Euro und für 2008 eine prozentuale Erhöhung auf Basis des Flächentarifabschlusses. Ein Spareffekt aufgrund längerer Arbeitszeit ist für ihn unwahrscheinlich. Da in Westeuropa die Überkapazitäten der Autohersteller bei rund 25 Prozent liegen, könne man bei VW eine deutlich höhere Auslastung der Werke kaum erwarten.

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