zum Hauptinhalt
Führte den Deutschen Gewerkschaftsbund durch turbulente Zeiten: Michael Sommer verstarb 73-jährig.

© dpa/Rainer Jensen

Zum Tod des früheren DGB-Chefs Michael Sommer: Ein Engagement für den Wert und die Würde von Arbeit

Der frühere DGB-Chef Michael Sommer ist in der Nacht zu Montag 73-jährig gestorben. Sein Nachfolger Reiner Hoffmann erinnert sich an einen Menschen, der parteiübergreifend respektiert wurde.

Von Reiner Hoffmann

Stand:

Eine der wichtigsten Aufgaben als DGB-Vorsitzender ist es, „den Laden“ zusammenzuhalten. Das wird öffentlich wenig beachtet und bringt auch keine große Anerkennung.

Und den „Laden“ – das heißt, die acht Mitgliedsgewerkschaften im DGB – musste Michael Sommer in seiner Amtszeit mehr als einmal zusammenhalten. Da hatte er es deutlich schwerer als ich in meiner Amtszeit.

Zu Beginn seiner Amtszeit 2002 lag die Arbeitslosigkeit bei fast 11 Prozent, Deutschland galt als „kranke Mann Europas“, und der Neoliberalismus durchdrang auch die Sozialdemokratie in weiten Teilen Europas. Er fand in Deutschland seinen Höhepunkt in der von der Rot-Grünen Bundesregierung durchgesetzten Agenda 2010.

Die damit einhergehende Deregulierung des Arbeitsmarktes hatte zu einer deutlichen Ausweitung des Niedriglohnsektors geführt. Die gewerkschaftliche Antwort darauf – ein gesetzlicher Mindestlohn – war in den Gewerkschaften zunächst umstritten. Die unterschiedlichen Positionen zwischen den Industrie- und Dienstleistungsgewerkschaften zusammenzuführen – den Laden zusammenzuhalten – war eine enorme interne Integrationsleistung.

Dass 2014 das Mindestlohngesetz von der schwarz-roten Bundesregierung verabschiedet wurde, war ein großer politischer Erfolg für den DGB und für Michael Sommer. Noch in der letzten Woche – wenige Tage vor seinem Tod – hat er die Verhandlungen der Mindestlohnkommission aufmerksam verfolgt und war erleichtert, dass ein tragfähiger Kompromiss gefunden wurde.

In seiner Amtszeit sanken die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften – auch aufgrund des Strukturwandels und hoher Arbeitslosigkeit. Als Folge nahm die Konkurrenz zwischen den DGB-Gewerkschaften um Organisationszuständigkeiten und Mitglieder zu. Das führte zu Spannungen, die Michael Sommer befrieden musste.

Dabei war für ihn der Grundsatz der „Einheitsgewerkschaft“ und das Prinzip „eine Gewerkschaft – ein Betrieb“ Richtschnur seines Handelns. Das hat ihn Kraft gekostet und sogar gesundheitlich belastet. Bei seiner Amtsübergabe schenkte er mir einen großen Spanngurt mit den Logos aller acht DGB-Gewerkschaften, darauf stand: Halte den Laden zusammen.

Plötzlich und völlig unerwartet ist Michael Sommer am 29.06.2025 verstorben. Zwölf Jahre führte er die Geschicke des DGB und war nach Heinz Oskar Vetter der dienstälteste Vorsitzende in der Geschichte des DGB. Sein Engagement für den Wert und die Würde von Arbeit hat ihn zu einem parteiübergreifend respektierten und anerkannten Gewerkschaftsvorsitzenden gemacht. Wir werden ihn vermissen.

(Reiner Hoffmann war DGB-Vorsitzender von 2014 bis 2022)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })