
© Barth van Rossum, FMP
Krebsmedikament aus Berlin: Neue Therapie geht in klinische Tests
Mit einem toxischen Wirkstoff im Huckepack schicken Forscher einen Antikörper gegen Tumorzellen ins Rennen. Die Technologie dafür stammt aus der Berliner Grundlagenforschung.
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Klassische Chemotherapien töten Krebszellen, weil diese schneller wachsen als der Rest des Körpers: Sie nehmen mehr von dem Gift des Medikamentes auf. Doch auch der Organismus leidet darunter, was zu Nebenwirkungen führt.
Weniger unerwünschte Effekte versprechen Therapien, die Tumorzellen selektiv ansteuern und gesunde Zellen in Ruhe lassen. Am Berliner Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) wurde ein solches Medikament entwickelt: Es koppelt ein toxisches Wirkstoffpaket fest an ein modifiziertes Antikörper-Molekül, das wiederum nur an bestimmte andere Moleküle andockt. „Dabei fungiert der Antikörper, auf dem der Wirkstoff sitzt, als eine Art Spürhund, der die Krebszelle findet“, wird FMP-Forscher Marc-André Kasper in einer Meldung zitiert.
Am Ziel erledigt das Gift seine Arbeit und eliminiert die Krebszelle. Kasper hat die Verknüpfung zwischen den beiden Komponenten in seiner Doktorarbeit am FMP entwickelt und leitet nun die chemische Forschung beim süddeutschen Startup Tubulis, das das FMP zusammen mit der LMU München gründete und die Technologie pharmazeutisch vermarktet.
Erstmals in klinischen Tests im Menschen
In Tierversuchen seien Tumoren schon bei einmaliger Gabe komplett und nachhaltig bekämpft worden, meldet das Forschungsinstitut. Demnächst soll die Therapie an einer kleinen Zahl Betroffener in Deutschland, den USA, Spanien und im Vereinigten Königreich erprobt werden, die an Eierstock- oder Lungenkrebs erkrankt sind. Von solchen klinischen Studien der Phase I/IIa verspricht man sich neben der Bestimmung einer sicheren Dosierung auch erste Befunde zur Wirksamkeit.
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Das Konzept ist nicht neu: Die sogenannten Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs) werden schon seit einiger Zeit gegen Tumorerkrankungen eingesetzt. Der Erfolg ist jedoch oft begrenzt, denn das toxische Paket löst sich mit der Zeit von seinem Träger. Das führt einerseits zu Nebenwirkungen, andererseits wird die Krebszelle nicht getroffen. Die Konjugate der Berliner sollen laut Website des Startups mehr als sieben Tage halten und damit wirksamer sein.
Bei den beiden zu testenden Krebsarten sind die Überlebensraten trotz der technologischen Fortschritte der letzten Jahre immer noch vergleichsweise schlecht. Mit ADCs können nun potentere Wirkstoffe verwendet werden. Das verwendete Giftpaket soll das Enzym Topoisomerase-1 stören, das bei der Vervielfältigung des Erbguts bei der Zellteilung hilft. Ohne das Enzym kommt es zu DNA-Schäden, woran die Krebszellen zugrunde gehen.
Der Autor hat selbst zwischen 2010 und 2016 am FMP im Rahmen seiner Dissertation in einer anderen Arbeitsgruppe geforscht.
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