
© Prakash lab / Stanford University
Ballontrick im Ozean: Aufgeblasen auf dem Weg nach oben
Pflanzen gelten als wenig mobile Lebewesen. Zu Unrecht. Einige legen rasante Aufstiege hin, ohne sich groß abzustrampeln.

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Es ist ein Erfolgsrezept, das sich offenbar über Mensch und Tier bis in die Welt der Pflanzen und Mikroorganismen erstreckt: Wer sich genug aufplustert, dessen Weg nach oben ist vorgezeichnet. Das gilt sogar für einen ziemlich kleinen Vertreter des marinen Planktons – der Gemeinschaft im Freiwasser schwimmender Lebewesen.
Die einzellige Meeresalge kommt dabei ohne Geißel oder andere bei der Fortbewegung behilfliche bewegliche Strukturen aus. Man ahnt es, ihr Auftrieb währt nur begrenzt, ist aber eine thematische Expedition dieser Kolumne in das Reich der Pflanzen wert.
Pyrocystis noctiluca vermag sich innerhalb kurzer Zeit auf ein Vielfaches ihrer Körpergröße aufzublasen – wobei das nicht mit Luft, extravagantem Outfit oder mithilfe eines SUV erfolgt, sondern, im Meer, mit Wasser. Auch wenn sie es selbst dann nur auf etwa einen Millimeter Körperdurchmesser bringt – kein noch so geltungsbedürftiger Mensch könnte es ihr proportional gleichtun. Und dann gelingt der Alge auch noch der besagte Aufstieg, ein Weg nach oben im wörtlichen Sinn.
Wie ein Forschungsteam kürzlich im Journal „Current Biology“ berichtete, steigt Pyrocystis noctiluca – zur vollen Größe aufgeblasen – aus den kalten, dunklen Tiefen des Ozeans bis zu rund 200 Meter in Richtung Oberfläche, Licht und Wachstum. Dabei ist pflanzliches Plankton in der Regel fünf bis zehn Prozent schwerer als Meerwasser.

© Prakash lab / Stanford University
Meeresbiologe Manu Prakash von der Stanford University und seinem Team gingen die Meeresbewohner vor Hawaii ins Netz. Die Forschenden konnten dokumentieren, wie ihnen der Ballontrick innerhalb von Minuten gelingt.
Wenn sich eine der Zellen teilt, pumpen sich die „Vakuolen“ genannten Wasserspeicher in den neu entstandenen Zellen mit Süßwasser auf. So sehr, dass die Zelle auf das Sechsfache ihrer Größe anschwillt. Da Süßwasser eine geringere Dichte hat als das umgebende Meerwasser, steigen die neuen Zellen auf.
Mithilfe des Lichts näher an der Oberfläche betreiben sie Photosynthese und wachsen. Dadurch werden sie schwerer, sinken wieder nach unten und der Zyklus beginnt nach etwa sieben Tagen von Neuem. „Was wir herausgefunden haben, ist, dass P.-noctiluca-Zellen wie U-Boote ihre Dichte kontrollieren können und so genau bestimmen, in welcher Tiefe sie sich aufhalten“, sagt Prakash.
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