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Baustelle in Malawi der NGO Shorten the distance, Fotograf: Jacob Gondwe-Köttner

© Jacob Gondwe-Köttner

Bauprojekt Berliner Studierender: Entworfen im Wedding, gebaut in Kasungu

Zwei Architekturstudierende der Berliner Hochschule für Technik planten als BA-Projekt ein Jugendzentrum. Jetzt wird es tatsächlich gebaut: in Kasungu, einer Stadt im südostafrikanischen Malawi.

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Die wenigsten Studierenden der Architektur können von sich behaupten, Gebäude entworfen zu haben, die tatsächlich gebaut wurden. Schon gar nicht, wenn die Baustelle mehr als 10.000 Kilometer entfernt ist. Für Laura Bernholz und Jens-Benjamin Köhler, die an der Berliner Hochschule für Technik (BHT) in Berlin studieren, wurde genau das Wirklichkeit.

In ihrem gemeinsamen Abschlussprojekt entwarfen sie in Zusammenarbeit mit der Nichtregierungsorganisation (NGO) „Shorten the Distance“ ein Jugendzentrum für eine Kleinstadt im südostafrikanischen Malawi. Nach zwei Semestern Planung begannen im Januar 2023 die ersten Bauarbeiten in Kasungu.

So sah die Baustelle im Februar noch aus. Mittlerweile stehen hier schon die Mauern des ersten Gebäudes.

© Jacob Gondwe-Köttner

„Es ist ein tolles Gefühl zu sehen, dass die Entwürfe umgesetzt werden“, freut sich die 23-jährige Bernholz. Auf den Fotos, die die beiden täglich per WhatsApp erhalten, kann man die Fortschritte der letzten Monate im Zeitraffer verfolgen. Der erste Teil des Hauptgebäudes steht bereits, nur das Dach fehlt noch. „Am Anfang der Bauarbeiten haben wir viel mit den Handwerker:innen telefoniert“, erzählt die Studentin. Die Helfer:innen vor Ort seien von ortsansässigen Firmen oder arbeiteten für die NGO.

Wie das Zentrum einmal aussehen soll, zeigt das Holzmodell, das bei Bernholz in der WG steht. In Zukunft soll es einen Brunnen, einen Sportplatz und mehrere Gruppenräume geben. Und die sogenannte Kulturküche, einen zentralen Versammlungsort.

Die Architekturstudierenden Jens-Benjamin Köhler und Laura Bernholz mit ihrem Modell für das Jugendzentrum in Malawi.

© Tagesspiegel/Clara Dünkler

Die Idee für das Projekt stammt von Jacob Gondwe-Köttner, dem Gründer der NGO „Shorten the Distance.“ In Malawi geboren, wuchs er in Berlin auf und ging mit Köhler in eine Klasse. Er habe ihnen von der Notwendigkeit eines Jugendzentrums berichtet, erzählen die BHT-Studierenden.

„Wir wollten etwas Sinnvolles machen, nicht nur ein Büro entwerfen.“

Laura Bernholz, studiert an der BHT Architektur.

„Ab der vierten Klasse kostet die Schule Gebühren, das können sich die Wenigsten leisten“, sagt Bernholz zur Lebenssituation Jugendlicher in Malawi. Viele litten außerdem unter Folgen von Kinderarbeit, die zwar gesetzlich verboten ist, aber dennoch verbreitet. Mit ihrem Projektpartner habe sie „etwas Sinnvolles“ entwerfen wollen, „nicht nur ein Büro“: ein Bildungszentrum, das auch als Anlaufstelle dient.

Nachhaltige Bauweise und viele Gespräche

Fotovoltaikanlage und umweltfreundliche Baustoffe: Bei ihrem Entwurf habe Nachhaltigkeit eine große Rolle gespielt, erzählt die Studentin. So werden die Ziegel für die Wände aus Lehm gebrannt, der in der Baugrube ausgehoben wurde. Es gibt ein ausgeklügeltes System von Stützpfeilern, die nicht nur den Boden der Gebäude gegen Überschwemmungen anheben, sondern sie auch gegen starke Stürme widerstandsfähig machen. Denn das sind Wetterlagen, die in Malawi immer wieder auftreten.

Das erste Modul ist fast fertig gebaut, es fehlt nur noch das Dach.

© Jacob Gondwe-Köttner

Man merkt, dass sich Köhler und Bernholz viele Gedanken gemacht haben. Nicht nur über die Bauweise, sondern auch über ihre eigene Rolle. Denn Hilfsprojekte aus dem globalen Norden werden immer wieder dafür kritisiert, dass sie die Perspektiven der Menschen, denen geholfen werden soll, nicht berücksichtigen. Der sogenannte Weiße-Retter-Komplex (White Saviourism) beschreibt diese bevormundende Haltung weißer Menschen gegenüber dem globalen Süden.

Die Architekturstudierenden sind sich dieser Problematik bewusst. Von Anfang an versuchten sie, über ihre Kontakte zu Gondwe-Köttner gemeinsam mit den Menschen in Kasungu zu planen und das Zentrum an deren Bedürfnisse anzupassen. Es sei nicht um architektonische Selbstverwirklichung gegangen, sagt Köhler. Sondern darum, dass die Kinder und Jugendlichen vor Ort die Gebäude nutzen wollen, ergänzt Bernholz.

Schritt für Schritt wird gebaut

Das Projekt ist in verschiedene Bau- und Finanzierungsphasen unterteilt. Das Modul, an dem derzeit gebaut wird, unterstützt die Organisation Basaid mit 25.000 Euro. Die komplette Kulturküche werde voraussichtlich 80.000 Euro kosten, schätzt Köhler. Die Modulbauweise ermögliche es aber, die Räume schon vor Fertigstellung des gesamten Gebäudes zu nutzen. Sobald neue Gelder zur Verfügung stünden, könne das nächste Modul angebaut werden, erklärt Bernholz.

Die beiden Studierenden wollen Kasungu auf jeden Fall einmal selbst besuchen. Und ihre Hoffnung, dass das Zentrum genutzt wird, scheint sich schon jetzt zu erfüllen. Ein erstes Fußballturnier habe bereits stattgefunden, berichten sie glücklich.

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