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In der Coronakrise sind die meisten Hochschulen geschlossen.

© picture alliance / dpa

Bildung in Zeiten der Pandemie: Stellt Euch nicht so an – und lernt!

Der Vergleich mit früheren Zeiten hinkt zwar manchmal. Dennoch gibt es von älteren Generationen einen Rat an Studierende heute in der Krise, meint unser Kolumnist.

Der Ausfall von Vorlesungen und der beschwerlichere Zugang zu Lernmaterial führen zu der Sorge, womöglich Zeit oder den Anschluss im Studium zu verlieren. Diejenigen, die allein wegen ihres Alters zu der oft zitierten ersten Risikogruppe bei Corona gehören, kennen das – aus eigener, allerdings Jahrzehnte zurückliegender Erfahrung.

In den Jahren 1945 und folgende erlebten sie teilweise vergleichbare Einschränkungen wie die aktuellen, allerdings als Schüler. Ihnen wurde von den damals Älteren gesagt: „Stellt Euch nicht so an. Das haben wir auch erlebt, und zwar in der Zeit 1914 bis 18 und nach der Inflation.“

Lücken durch Eigeninitiative schließen

Tatsächlich sind die von den heutigen Studierenden festgestellten Beschwernisse eine Begleiterscheinung von Krisen. In der Vergangenheit haben die Betroffenen die Lücken vor allem durch Eigeninitiative zu schließen gewusst. Das, was nicht durch Präsenzveranstaltungen in der Schule oder an der Universität, manchmal über Monate, angeboten werden konnte, musste durch Eigenstudium nachgeholt und ausgeglichen werden.

Das ist mühevoll und anstrengend, aber auch unerlässlich, soll das Ziel erreicht werden. Gewiss gelingt das nicht dort, wo Praktika und Übungen persönliche Anwesenheit erfordern. Aber überall dort, wo Wissen auch aus Büchern zu erlangen ist, sollte man sich wirklich „nicht so anstellen“.

Die Vorstellung, der Stoff müsse von den Lehrenden präsentiert werden, also in Präsenzveranstaltungen vorgetragen werden, kann eine Folge der Bemühungen sein, den Lernenden möglichst alles „mundgerecht“ zu machen. Verbunden mit der irrigen Vorstellung, was nicht angeboten worden sei, könne auch nicht Gegenstand einer Prüfung sein. Eine solche pennälerhafte Einstellung ist jedenfalls an der Universität fehl am Platze.

Ein Porträtfoto von George Turner.
Unser Kolumnist George Turner, Berliner Wissenschaftssenator a.D.

© Mike Wolff

Im Examen soll festgestellt werden, ob Kandidaten das Fach beherrschen. Die Aneignung des Wissens ist Sache der Prüflinge. Das Angebot der Hochschule ist wichtig, aber nicht das alleinige. Die Bemühungen der Studierenden müssen weiter gehen; dabei sollten die Professorinnen und Professoren Hilfen geben. Aber das eigene, selbständige Lernen kann durch noch so große Anstrengungen und Fachdidaktik nicht ersetzt werden.

Auch früher gab es Krisen

Das bedeutet, dass durch Selbststudium das zu ergänzen ist, was in Lehrveranstaltungen nicht angeboten wird. Dann stellt sich die durch Corona verursachte Lücke mit ihren Defiziten auch nur noch als ein quantitatives Problem dar: Es ist mehr durch Eigeninitiative zu ersetzen als bei normalem Betrieb.

Zwar „hinken“ Vergleiche mit anderen Zeiten und Gegebenheiten regelmäßig. Aber sie zeigen doch eines: Auch früher gab es Krisen und wie sie überwunden wurden. Also: „Stellt Euch nicht so an.“

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail senden: george.turner@t-online.de.

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