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Weg mit dem Papierkram! Zumindest etwas weniger tut dringend Not.

© Getty Images/iStockphoto/Demianastur

Bürokratie in der Wissenschaft: Die Grenzen des Machbaren sind erreicht

Rechenschaft für Kleinstbeträge, europaweite Ausschreibungen für eine einfache Übersetzung: Die Wissenschaft muss teils absurde Verwaltungsakte ableisten. Wird dies nun endlich besser?

Ulrike Freitag
Eine Kolumne von Ulrike Freitag

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Bürokratieabbau gilt als das neue Zauberwort, um Deutschland voranzubringen. Den Bürger:innen soll jetzt ein begrenzter Vertrauensvorschuss gewährt werden. Das ist dringend erforderlich – nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch in der Wissenschaft. In den letzten Jahren stagnierten zwar die Budgets, doch immer mehr Ressourcen mussten in die umfassende Erfüllung von Nachweispflichten gesteckt werden.

Natürlich sind Chancengleichheit bei Ausschreibungen oder Korruptionsbekämpfung wichtige Ziele solcher Vorgaben. Aber rechtfertigt dies, auch für kleinste Aufträge und für Einladungen hochkomplexe Vertragswerke zu verlangen?

So müssen aktuell auch die in Berlin sonst so umworbenen internationalen Kollegen umfängliche Verträge in einer Sprache unterschreiben, die sie nicht verstehen. Dies gilt auch für Kleinstaufträge, etwa Sprachbearbeitungen für einige hundert Euro.

Besonders kompliziert sind Kooperationen, vor allem wenn sie mit Kolleg:innen oder Institutionen aus Ländern des sogenannten Globalen Südens stattfinden. Diese sind von vornherein mit besonders viel Vorbereitung verbunden. Man denke nur an den Aufbau von Vertrauen oder an die vielen Hürden bei der Visumsbeantragung.

Manches Mal werden die Grenzen des Machbaren überschritten. Dann trifft etwa das deutsche Verbot der Barauszahlung auf Kontexte, in denen der Bankverkehr mit Europa stark behindert wird. Das kann wegen Devisenbeschränkungen passieren, oder wenn das Lektorat eines arabischen Textes für ein im Maghreb erscheinendes Buch europaweit ausgeschrieben werden muss.

Die Zahl gut gemeinter Richtlinien – von Maßnahmen zur Terrorbekämpfung zum Lieferkettengesetz – wächst stetig an. Seit Jahren verbringen Wissenschaftler:innen deshalb immer weniger Zeit mit ihrer Forschung. Gleichzeitig wachsen Verwaltungen überproportional, um die Rechenschaftspflichten abzusichern.

Das Koalitionsversprechen des Bürokratieabbaus sollte dazu beitragen, dass die Inhalte und Vermittlung von Wissenschaft wieder ins Zentrum rücken. Und nicht ihre Verwaltung und Abwicklung.

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