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Kleinlibellen wie Chlorocypha cyanifrons sind zur Fortpflanzung auf geeignete Gewässer angewiesen. Diese afrikanische Art gilt bislang nicht als gefährdet.

© Jens Kipping

Das stille Sterben der Süßwassertiere: Schwindende Vielfalt in Tümpel, Bach und Weiher

Eine Bestandserhebung von Süßwassertieren weltweit zeigt, wie viele der Arten vor dem Aussterben stehen. Forschende liefern damit erstmals eine solide Grundlage für ihren Schutz.

Stand:

Rund jede vierte Art von Fischen, Libellen und Krebsen, die auf Süßwasserlebensräume angewiesen sind und die auf der internationalen Roten Liste bedrohter Arten geführt werden, ist laut einer neuen Datenauswertung vom Aussterben bedroht.

Fachleute der Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for Conservation of Nature) fordern Regierungen und Unternehmen auf, die neuen Daten bei wasserwirtschaftlichen Maßnahmen zu berücksichtigen.

„Dass Daten zur Süßwasser-Biodiversität fehlen, kann nicht länger als Ausrede für Untätigkeit dienen“, sagte Catherine Sayer, Leiterin der Süßwasser-Biodiversität bei der IUCN und Hauptautorin der nun im Fachmagazin „Nature“ veröffentlichten Bestandsaufnahme.

Trinkwasser und Lebensunterhalte

Süßwasserlebensräume wie Flüsse, Seen und auch unterirdische Gewässer sind Heimat von rund zehn Prozent aller bekannten Arten auf der Erde. Die Ökosysteme versorgen Milliarden von Menschen mit sauberem Trinkwasser und der Lebensunterhalt vieler Menschen hängt von ihnen ab. Ihre Funktionen seien auch entscheidend für den Hochwasserschutz und die Verminderung des Klimawandels, teilt die IUCN mit.

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Süßwasserarten weltweit sind vom Aussterben bedroht. 89 Arten seit dem Jahr 1500 nachweislich und 178 vermutlich ausgestorben. 11 Arten gibt es nur noch in menschlicher Obhut.

Hauptbedrohungen sind Umweltverschmutzung, meist im Zusammenhang mit Landwirtschaft, Wasserentnahme und die Verbauung von Fließgewässern etwa mit Dämmen und Wehren. Dazu kommen vielerorts invasive Arten, die etwa durch internationale Schifffahrt oder Handel eingeschleppt wurden und die sich in den neuen Lebensräumen stark vermehren.

Bislang sei die Artengruppe der Süßwassertiere bei globalen Bewertungen des Aussterberisikos vernachlässigt worden, schreibt das Forschungsteam. Umweltpolitik und Schutzprioritäten wurden an den Bedürfnissen von Landtieren ausgerichtet oder beruhten auf abiotischen Faktoren wie der Wasserqualität.

Krebstiere wie der in Höhlengewässern lebende Procambarus orcinus sind die am stärksten bedrohte Gruppe.

© Keith A. Crandall and C. Riley Nelson

„Obwohl sie in den gleichen Gebieten leben, werden Schutzmaßnahmen für Tiger und Elefanten dem vom Aussterben bedrohten Buckelmahseer nicht helfen“, sagt Rajeev Raghavan, Experte für Süßwasserfische in Südasien und Mitverfasser der Studie. Flussbauprojekte, Sand- und Geröllabbau, Wilderei und invasive Arten bedrohten den mit dem Karpfen verwandten, bis über 1,5 Meter großen Fisch. Um die Art zu bewahren, müssten Flüsse geschützt, die Fischerei strenger geregelt und das Einführen gebietsfremder Arten verboten werden, sagt Raghavan.

Weltweite Zusammenarbeit

Hoher Wasserverbrauch bei wenig verfügbarem Wasser und Nährstoffbelastung in Gewässern sind keine verlässlichen Hinweise auf viele bedrohte Arten in einem Gebiet. Um sie besser zu schützen, sei entscheidend, Erhaltungsstrategien in die Wassernutzungsplanung und -bewirtschaftung einzubeziehen. Zudem sollten die Bestandsentwicklungen von Süßwasserarten weiterhin besser überwacht werden.

Die aktuellen Ergebnisse wurden über 20 Jahre von mehr als 1000 Fachleuten weltweit zusammengetragen. Von 23.496 Arten, die für die Rote Liste erfasst wurden, sind 4294 stark gefährdet, vor allem in Lebensräumen in Afrika, Südamerika und Südasien. Von den untersuchten Gruppen sind Krebstiere mit rund 30 Prozent bedrohten Arten am stärksten vom Aussterben bedroht, gefolgt von 26 Prozent der Süßwasserfische und 16 Prozent der Libellen.

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