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Insel Reichenau im Bodensee: Der Wasserstand des Gewässers ist auf einem niedrigen Stand.

© dpa/Felix Kästle

Der Bodensee schrumpft: Historisch niedriger Wasserstand beunruhigt Anwohner und Wissenschaft

Der Pegel des Bodensees ist aktuell so gering wie lange nicht mehr – die Folge von ausbleibendem Regen und fehlender Schneeschmelze

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Wo sonst Ausflugsschiffe ablegen, Yachten im Wasser schaukeln und Touristen das Panorama genießen, zeigt sich ein ungewohntes Bild: Am Bodensee sind vielerorts Geröllfelder und Sandflächen sichtbar geworden, Häfen liegen trocken, Boote bleiben im Schlamm stecken. Der Wasserstand ist so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht – und das bereits im Frühling.

In Konstanz wurde Anfang April ein Pegelstand von 2,72 Metern gemessen – etwa 40 Zentimeter unter dem langjährigen Mittel für diesen Kalendertag. Damit nähert sich der Bodensee dem bisherigen Negativrekord für diese Jahreszeit. Ursache ist eine Kombination aus fehlenden Niederschlägen und einer weitgehend ausgefallenen Schneeschmelze in den Alpen.

Rund um die Insel Reichenau, hier beim Wollmatinger Ried, wird der niedrige Pegelstand besonders deutlich.

© dpa/Felix Kästle

Im vergangenen Winter fielen in den Alpen deutlich weniger Niederschläge als üblich, was zu einer reduzierten Schneedecke führte. Da der Bodensee stark von der Schneeschmelze in den Alpen abhängig ist, fehlt nun dieses Schmelzwasser, das normalerweise den Wasserstand erhöht. ​

Überdurchschnittlich warme Temperaturen

Die milden Temperaturen im Winter und Frühjahr führten dazu, dass die ohnehin geringe Schneedecke schneller schmolz und teilweise direkt verdunstete, anstatt als Schmelzwasser in Flüsse und Seen zu gelangen.

„Der aktuelle Seewasserstand liegt 35 Zentimeter niedriger als der saisonal mittlere Wert“, teilte ein Sprecher der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg mit. Zwar sei das noch kein historischer Tiefststand – dieser wurde im Februar 2006 mit 2,29 Metern erreicht – doch die Tendenz bereitet Sorgen.

Zahlreiche Häfen sind nicht mehr erreichbar

Anlegestelle auf der Reichenau.

© dpa/Felix Kästle

Für die Weiße Flotte, die touristischen Ausflugsschiffe auf dem Bodensee, hat der niedrige Wasserstand unmittelbare Folgen: Zum Saisonstart am Sonntag können mehrere Häfen nicht angefahren werden. In Langenargen, Immenstaad und Bad Schachen ist der Wasserstand zu niedrig zum Anlegen. Auch in der Schweiz zeigt sich die Lage dramatisch: Der Hafen von Mannenbach am Untersee liegt komplett trocken. Viele Segelbootbesitzer haben ihre Buchungen bereits storniert.

Schifffahrt beeinträchtigt, Trinkwasserversorgung stabil

Für den regulären Passagierbetrieb auf dem See bedeutet das Einschränkungen – jedoch keinen Stillstand. Die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) beobachten die Entwicklung, sehen aber bislang keinen Grund zur Panik: Niedrigwasser im Frühling sei nicht ungewöhnlich, so ein Sprecher. Trotzdem: Sollte es weiter trocken bleiben, könnte die Situation auch im Sommer angespannt bleiben.

Die Versorgung mit Trinkwasser ist hingegen gesichert. Die Bodensee-Wasserversorgung entnimmt ihr Wasser in 70 Metern Tiefe – weit unterhalb der Pegelschwankungen. Auch für die Fischbestände gibt es laut der Fischereiforschungsstelle in Langenargen derzeit keine unmittelbare Gefahr. Doch langfristig könnten steigende Temperaturen und sinkende Wasserstände empfindliche Arten unter Druck setzen.

Klimabedingte Veränderungen spürbar

Seit Beginn der Messungen in den 1960er-Jahren ist die mittlere Temperatur des Bodensees kontinuierlich gestiegen – von etwa 10,5 auf über 13 Grad Celsius. Im Jahr 2023 wurde mit 13,6 Grad ein neuer Höchstwert erreicht. Weniger Wasservolumen bedeutet zudem: Das Wasser erwärmt sich schneller. Das könnte langfristig die Durchmischung des Sees stören und in tieferen Schichten zu Sauerstoffmangel führen – mit Folgen für das gesamte Ökosystem.

Auch auf den Zufluss des Rheins wirkt sich die Trockenheit aus. Dort herrscht bereits die Niedrigwasser-Stufe 2, größere Frachtschiffe können nur noch mit reduzierter Ladung fahren. Der Bodensee steht also nicht isoliert da – er ist Teil eines sich verschärfenden hydrologischen Problems in Süddeutschland und Mitteleuropa.

Hoffnung auf Regen – doch Prognosen sind ernüchternd

Laut Deutschem Wetterdienst ist auch in den kommenden Tagen kaum mit Niederschlägen zu rechnen. Erst ab Sonntag besteht eine geringe Chance auf vereinzelte Schauer. Die Prognose für die nächsten zwei Wochen ist eindeutig: Die Wasserstände könnten weiter sinken. (dpa, bhe)

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