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Viele Stiftungen bieten Bildungsprojekte für die Jugend an. Die erreichten aber nicht alle, die Förderung benötigen würden, sagt unsere Autorin.

© Getty Images/E+

Der Staat kürzt – aber Stiftungen boomen: Für die Gemeinschaft sollte in erster Linie der Staat sorgen

Während der Staat an Bildung, Kultur und Sozialprojekten spart, gibt es einen krassen Anwuchs an gemeinnützigen Stiftungen. Besser wäre es, wenn sich Kommunen solche Angebote dank Steuern wieder selbst leisten könnten.

Jutta Allmendinger
Eine Kolumne von Jutta Allmendinger

Stand:

Die Kommunen kämpfen mit Sparhaushalten, notwendige Investitionen werden verschoben, die Finanzierung des Sozialstaats, von Bildung, Forschung und Kultur wird zurückgefahren. Projekte, die für die Demokratieförderung, für das Miteinander unterschiedlicher sozialer Kreise und Altersgruppen nachweislich zwingend sind, werden vielerorts gestrichen – obwohl es meist nur kleines Geld ist.

Während solche öffentlich finanzierten Projekte gekürzt werden, entstehen pro Jahr fast 700 neue Stiftungen. Konkret: Im Jahr 2000 gab es 9800 Stiftungen, im Jahr 2023 waren es 25.800. Ein Anstieg um 165 Prozent. 90 Prozent dieser Stiftungen sind gemeinnützig und damit stark steuerbegünstigt. Der Ertrag des angelegten Stiftungsgeldes geht fast unversteuert an die von den Stiftern festgelegten Stiftungszwecke, meist in den Bereichen Soziales, Bildung und Kultur.

Stiftungen sind etwas Wunderbares. Wie oft war ich auf sie angewiesen: für wissenschaftliche Projekte, für Veranstaltungen, die Wissenschaft und Gesellschaft zusammenbringen, für das gemeinsame Leben in Einrichtungen, die aufgrund des digitalen Arbeitens immer mehr Fliehkräfte entwickeln. Stiftern und Mitstiftern bin ich unendlich dankbar, und auch ich stifte so gut, wie ich es eben kann.

Dennoch: Diese Einrichtungen können nicht alle Bereiche abdecken, in denen der Staat kürzt. Es fehlt ihnen auch an demokratischer Legitimität. Die Projekte kommen nicht allen Menschen gleichermaßen zugute. Zudem fehlt Transparenz; nur ein Drittel der Stiftungen veröffentlicht Jahresberichte. Es mangelt an Nachhaltigkeit, da nachweislich erfolgreiche Projekte, etwa in der Bildungsarbeit, weder auf Dauer gestellt noch flächendeckend angeboten werden können.

Ihr Leistungen und der Nutzen sind unbestreitbar. Dennoch muss gefragt werden, ob wir angesichts leerer Staatskassen und der hohen Ungleichheit von Vermögen und Erbschaften die Privatisierung staatlicher Ausgaben weiter vorantreiben wollen. Allein im letzten Jahr wurden rund 400 Milliarden Euro vererbt, meist an jene, die allemal gut gestellt sind.

Über 60 Prozent der Deutschen erwarten kein nennenswertes Erbe. Die Diskussion um Vermögens- und Erbschaftssteuern gehört nicht in die Schmuddelecke vermeintlich linker Politik. Wir brauchen keine Sonntagsreden; wir brauchen eine Politik des Zusammenhalts – und diese muss finanziert werden.

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