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Diese Luftaufnahme zeigt die Schäden am Arecibo-Radioteleskop. Am Dienstag war die 900 Tonnen schwere Empfänger-Plattform 140 Meter tief auf die Schüssel gefallen.

© Ricardo Arduengo/AFP

Die Arecibo-Botschaft: Kästchenbild als Knobelaufgabe für Außerirdische

Das einst weltgrößte Radioteleskop ist eingestürzt. Auf die Antwort auf sein stärkstes Signal können wir aber weiter warten.

Das Arecibo-Radioteleskop auf der Karibikinsel Puerto Rico war bereits so baufällig, dass sein Betreiber, die National Science Foundation (NSF) der USA, beschlossen hat, es abzureißen. Nun ist das Radioteleskop in sich zusammengefallen.

Am Dienstag stürzte die 900 Tonnen schwere Instrumentenplattform auf die darunter liegende Schüssel hinab, teilte die NSF mit. Nach ersten Erkenntnissen seien die obersten Teile aller drei stützenden Türme abgebrochen. Neben der Schüssel sei auch das Lernzentrum des Observatoriums durch herabfallende Stahlseile schwer beschädigt worden. „Wir sind traurig über diese Situation, aber dankbar, dass niemand verletzt wurde“, sagte NSF-Direktor Sethuraman Panchanathan.

Das Teleskop war 1963 in Betrieb genommen worden und zuletzt noch immer eines der empfindlichsten der Welt. Berühmt wurde das Teleskop unter anderem dadurch, dass es am 16.11.1974 eine Nachricht in das Weltall hinausfunkte, mit der die menschliche Zivilisation den Kosmos über ihre Existenz informierte.

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1679 Zahlen

Für knapp drei Minuten verwandelte sich das Radioteleskop zum stärksten Sender der Erde, um die Visitenkarte der Menschheit mit einer Leistung von nahezu 500.000 Watt in das Weltall hinaus zu funken. Die Botschaft war von den beiden Astronomen Frank Drake und Carl Sagan entwickelt worden. Ihre Informationen wurden in den Radiowellen dadurch verschlüsselt, dass deren Grundfrequenz moduliert wurde.

Auf diese Weise wurde gleichsam eine Folge von 1679 Nullen und Einsen ausgesendet. Jede intelligente Zivilisation im Weltall sollte den Inhalt der kleinen Botschaft – die Dateigröße beträgt gerade mal 210 Bytes – leicht entschlüsseln können, glauben ihre Erfinder.

Als Erstes werden sich die fremden Lebewesen hoffentlich fragen: „Warum gerade 1679 Zahlen?“ Die Antwort liegt nahe: 1679 ist das Ergebnis, wenn man die beiden Primzahlen 23 und 73 miteinander multipliziert. Nach einigem Knobeln werden die Außerirdischen herausfinden, dass sie die Nullen und die Einsen in 73 Zeilen mit jeweils 23 Zahlen anordnen müssen. Jetzt müssen sie nur noch so schlau sein, die Nullen durch ein schwarzes Kästchen zu ersetzen und die Einsen durch ein buntes, und schon schält sich aus dem Zahlenwirrwarr ein Bild heraus: Die Visitenkarte der Erde und ihrer Bewohner.

Die Folge von Modulationen der Funkwellen der Arecibo-Botschaft lässt sich zu diesem Bild übersetzen.
Die Folge von Modulationen der Funkwellen der Arecibo-Botschaft lässt sich zu diesem Bild übersetzen.

© PHL @ UPR Arecibo

Ganz oben in weißer Farbe sind von links nach rechts die Zahlen 1 bis 10 dargestellt, und zwar im mathematischen Zweiersystem. Das unterste weiße Kästchen bei jeder Zahl zeigt dabei das Ende jeder Zahlendarstellung an.

Violett eingefärbt erkennt man darunter die Darstellung fünf weiterer Zahlen: 1, 6, 7, 8, 15. Jeder Chemiker im gesamten Kosmos sollte eigentlich sofort erkennen, dass mit diesen Ordnungszahlen nur die chemischen Elemente Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Phosphor gemeint sein können. Denn schließlich haben alle chemischen Stoffe auch im letzten Winkel des Weltalls die gleichen Eigenschaften wie auf der Erde. Und messerscharf wird der außerirdische Biochemiker schließen, dass diese sechs Elemente die wichtigsten Baustoffe des irdischen Lebens sind.

In grüner Farbe sieht man darunter in der gleichen Systematik die Molekülbausteine der Nukleotiden-Moleküle aufgeführt. Nukleotide sind die Bausteine der Erbsubstanz DNA. Der erste dieser Molekülbausteine wird zum Beispiel durch die Zahlen 7, 5, 0, 1, 0 gekennzeichnet. Damit ist das Zuckermolekül Desoxyribose charakterisiert, das aus sieben Wasserstoff-, fünf Kohlenstoff- und einem Sauerstoffatom besteht. Unter den grünen Nukleotiden-Bausteinen ist in blauer Farbe das Biomolekül zu sehen, in dem das Erbgut allen menschlichen Lebens gespeichert ist: Die zu einer Doppel-Helix geformte Nukleotidenkette der DNA.

Darunter sind der Mensch und seine Anzahl auf der Erde abgebildet: rund 4,3 Milliarden, die Zahl der Erdbevölkerung 1974. Mittlerweile ist sie bereits angewachsen auf nahezu 8 Milliarden. Doch unsere Vermehrungsrate haben wir dem Kosmos verschwiegen.

Das Sonnensystem ist in gelber Farbe unter dem Menschen abgebildet: Ganz links die Sonne, der größte Körper des Sonnensystems. Der dritte Planet ist herausgehoben. Dies ist offenbar der Wohnort des Absenders der Botschaft. Planet 5, der Jupiter, und Planet 6, der Saturn, sind ersichtlich größer.

Adresse: Kugelsternhaufen M13

Die Darstellung des Sonnensystems enthält übrigens eine Fehlinformation: Das Kästchen ganz rechts – Pluto – ist eines zu viel; den haben die Bewohner der Erde 2006 nämlich zu einem Zwergplaneten degradiert. Doch die Außerirdischen, die dermaleinst unsere Botschaft auffangen werden, werden ohne diese Information leben müssen.

Ganz unten ist schließlich das Radioteleskop abgebildet, mit dem die Botschaft ausgestrahlt wurde. Die weißblaue Zahlenreihe unter dem Teleskopgerüst gibt die Größe der Schüssel als Vielfaches der Länge der von ihr abgestrahlten Radiowellen an: 306 Meter.

Ziel der Funkbotschaft ist der Kugelsternhaufen M13 in Richtung des Sternbilds Herkules. In rund 22.000 Jahren werden die Funkwellen durch M13 fliegen, vorbei an seinen 500.000 Sternen, und vielleicht auch vorbei an einem Planeten, auf dem ein intelligentes Wesen zufällig gerade seinen Empfänger während der knapp drei Minuten währenden Sendung auf der richtigen Wellenlänge eingeschaltet haben wird.

Aber selbst wenn Zuhörende sofort antworten sollten, würde die Geduld der Menschheit doch auf eine harte Probe gestellt: Frühestens in rund 44.000 Jahren könnte die Rückantwort auf der Erde eintreffen. Eine der Fragen darin könnte lauten: Wie viele seid ihr noch? (mit dpa)

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