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Pleistozän-Landschaft im Permafrost mit Mammut, Pferd, Rentier, Bison und Moschustier (undatierte Darstellung).

© dpa/MAURICIO ANTON

Die Büchse der Pandora im Permafrost: 50.000 Jahre alte „Zombie-Viren“ im Labor wiederbelebt

Im sibirischen Permafrost ruhen vorzeitliche Tierkadaver – und Viren. Durch die Klimaerwärmung werden einige dieser „Zombie-Viren“ nun wieder freigelegt und von Forschern wiederbelebt.

So fangen für gewöhnlich Filme wie „I am Legend“, „Jurassic Park“ oder „12 Monkeys“ an: In Sibirien wird im abgetauten Eis ein Mammut freigelegt, das ein jahrtausendealtes Virus in sich trägt. Forscher reaktivieren die bis dahin völlig unbekannten Virustypen im Labor. Der Rest ist (Menschheits-)Geschichte.

Was hier wie Science Fiction klingt, ist gar nicht so weit hergeholt. Wie unter anderem das Magazin „Spektrum der Wissenschaft“ berichtet, gelang es einem Team der französischen Forschungsorganisation CNRS in Marseille erst kürzlich, 13 noch völlig unbekannte Virustypen zu reaktivieren, die bis dahin im ewigen Permafrost konserviert waren.

Aber beginnen wir von vorne. Der Klimawandel und die damit einhergehende globale Erderwärmung sorgen dafür, dass der Permafrost in der nördlichen Hemisphäre langsam aber stetig abschmilzt. Bei Permafrostböden liegt die Temperatur dauerhaft, mindestens aber für zwei Jahre ununterbrochen bei Null Grad oder darunter.

Steigende Temperaturen sorgen nun dafür, dass mit der Eisschmelze Tierkadaver und Pflanzenmaterialien freigelegt werden – und mit ihnen die Bakterien und Viren, die sie vor mehr als zehntausend Jahren in sich trugen.

Die Büchse der Pandora im Permafrost

Dass Viren und Bakterien im Permafrost quasi im Winterschlaf überdauern können, ist hinlänglich bekannt. Schon 2014 gelang es einem französischen Forscherteam das sogenannte Riesenvirus Pithovirus sibericum mithilfe einer Amöbe im Labor wiederzubeleben.

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2017 reanimierten belgische Biologen schließlich zwei Viren, die im Kot eines verendeten Karibus entdeckt wurden und „auch nach 700 Jahren im Eis noch intakt und infektiös“ gewesen seien, wie die Forscher berichten.

In den letzten Jahren mehren sich die Hinweise, dass der Permafrostboden ein gigantisches Reservoir alter Mikroben oder Viren bereithält, die wieder zum Leben erwachen können, wenn sich die Umweltbedingungen ändern.

Forscherteam in der Studie „Back to the future in a petri dish“, 2017

In ihrer Studie mit dem treffenden Titel „Zurück in die Zukunft in einer Petrischale“ warnten die belgischen Forscher explizit vor den Gefahren, die von konservierten Mikroben im Permafrost ausgehen können.

Wenn also das „ewige“ Eis in Permafrostgebieten gar nicht so ewig währt, dann dürften uns mit der bevorstehenden Erderwärmung noch einige virale Entdeckungen bevorstehen.

„Zombie-Viren“ als Bedrohung für die öffentliche Gesundheit?

Die erst kürzlich wiederbelebten Viren des Forscherteams um die Mikrobiologin Jean-Marie Alempic sind weitaus älter als 700 Jahre. So soll einer der neu entdeckten Virustypen den Wissenschaftlern zufolge etwa 50.000 Jahre im Permafrost überdauert haben.

50.000 Jahre
lang konnte einer der gefundenen Virustypen im Permafrost überdauern.

Wie es in dem noch nicht veröffentlichten Bericht der CNRS-Arbeitsgruppe heißt, wurden zwar in den letzten Jahren keine neuen Abhandlungen über „lebende“ Viren veröffentlicht. Dies heiße aber nicht, „dass solche Vorkommen selten sind und dass „Zombie-Viren“ keine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit darstellen“, so die Forscher.

Der jüngste Bericht wolle entsprechend eine „realitätsnähere Einschätzung“ ermöglichen, wie es in der Zusammenfassung heißt.

Der Permafrost und die Folgen des Klimawandels

Insgesamt konnte das Team der CNRS 13 völlig neue Virustypen aus sibirischen Bodenproben isolieren, darunter auch Proben aus dem Lena-Fluss und den Permafrostböden Kamtschatkas.

Diese Regionen Sibiriens werden bereits jetzt maßgeblich durch die Folgen des Klimawandels beeinflusst. In der weltweit kältesten Großstadt Jakutsk, die 1632 noch auf Permafrost gebaut wurde, sacken schon jetzt ganze Straßenzüge und Eisenbahnschienen ab, Gebäude bekommen Risse oder stürzen ganz ein.

In Republik Sacha (Jakutien) sackt am 13. September 2021 das Fundament eines Industriegebäudes ab, weil der Permafrost auftaut.
In Republik Sacha (Jakutien) sackt am 13. September 2021 das Fundament eines Industriegebäudes ab, weil der Permafrost auftaut.

© Reuters/MAXIM SHEMETOV

Besonders prekär: Bei der Zersetzung von organischem Material, das laut des CNRS-Forscherteams bis zu einer Million Jahre lang im Permafrost schlummern kann, werden zusätzliches Methan und Kohlendioxid gebildet. Und das wiederum verstärkt den Treibhauseffekt.

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