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Die ersten Frauen der Berliner Theologie: Mit hohen Hürden in der Kirche
Schon früh prägten Frauen die religionsbezogene Arbeit in Berlin. Doch ihrem Wirken waren in der Kirche enge Grenzen gesetzt. Eine Ausstellung an der Humboldt-Uni erinnert an die Theologinnen.
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Wenn Elisabeth Bornkamm in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche predigte, waren ihre Zuhörer:innen gefesselt und berührt. Sie habe „eine ganz ausgesprochene Gabe für die Wortverkündigung“, schrieb der damalige Pfarrer Gerhard Jacobi im Jahr 1933.
Das kam nicht von irgendwoher: Elisabeth Bornkamm hatte als einer der ersten Frauen überhaupt an der Humboldt-Universität zu Berlin Evangelische Theologie studiert und 1932 im Fach Kirchengeschichte promoviert. Dennoch: Pastorin konnte sie nicht werden. Als Vikarin durfte sie nur „Zuarbeit für den Pfarrer leisten“.
Elisabeth Bornkamms Geschichte ist Teil einer neuen Ausstellung mit dem Titel „Frauen*stimmen in Theologie und Religionsforschung“, die bis zum 20. Juli in der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu sehen ist. Wer dort das Foyer mit Blick auf den Berliner Dom betritt, sieht an den Wänden zwei Zitate: Eines ist von Dietrich Bonhoeffer, das andere von Daniel Friedrich Schleiermacher, beide männliche Theologen.
Hinweise auf Frauen aus der Berliner Religionsforschung suchte man dort bisher vergebens. Das hat sich nun geändert. Im Rahmen eines Seminars in Zusammenarbeit mit der dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Theologischen Fakultät hat sich eine Gruppe engagierter Student:innen seit 2022 damit beschäftigt, wie sie das Foyer diverser gestalten könnte. Das Ergebnis: Eine Ausstellung über sechs Frauen, die die Theologie und religionsbezogene Arbeit in Berlin auf verschiedene Art und Weise geprägt haben.
„Die Lehrveranstaltung bot uns die Gelegenheit, unserem Bedürfnis nach vielfältiger Repräsentation und geschlechtergerechtem Erinnern im Fakultätsgebäude Nachdruck zu verleihen“, sagte Emma Sandner, die an der Ausstellung mitgearbeitet hat, bei der Eröffnung.
Eine theologisch-kirchliche Laufbahn war oft unmöglich
Wer sich mit den Lebensläufen der sechs Frauen beschäftigt, erfährt einiges über die vielen Hindernisse, die Frauen begegneten, wenn sie sich der Theologie widmen wollten. Beschränkungen, die ihnen das Leben erheblich erschwerten oder eine theologisch-kirchliche Laufbahn unmöglich machten.
Eine dieser Frauen ist Klara Hunsche, die 1928 ein Studium der evangelischen Theologie in Berlin aufnahm. Um sich finanziell abzusichern, arbeitete sie gleichzeitig als Lehrerin – eine enorme Doppelbelastung. Zudem war es ihr dadurch verboten, eine Familie zu gründen. Das Lehrerinnenzölibat sah vor, dass Frauen im staatlichen Schuldienst weder heiraten noch eine Familie haben durften.
Nachdem sie schließlich erfolgreich das zweite Theologische Examen abgelegt hatte, war es ihr nicht erlaubt, den Beruf der Pastorin ausüben. Klara Hunsche setzte sich immer wieder für die Gleichstellung von Männern und Frauen im Pfarramt ein. Erst 1962, sie war bereits im Ruhestand, wurde sie zur Pfarrerin eingesegnet.
Reduziert auf die Rolle der Tochter
Erinnert wird auch an Agnes von Zahn-Harnack, die sich 1908 als erste Frau an der Humboldt-Universität einschrieb. Häufig wird sie auf ihre Rolle als Tochter des bekannten Theologen Adolf von Harnack reduziert, da sie ihren Vater bei seiner Forschung unterstützte und nach dessen Tod eine Biographie über ihn schrieb.
Agnes von Zahn-Harnack studierte an der Humboldt-Universität nicht Theologie, sondern Philosophie, Romanistik und Germanistik. „Diese Entscheidung lässt sich vermutlich auch auf fehlende Berufsperspektiven zurückführen, da Frauen weder zum Examen noch zum Pfarramt zugelassen wurden“, vermuten die Studierenden in ihrer Ausstellung. Zahn-Harnack promovierte in Literaturwissenschaften, die erhoffte wissenschaftliche Karriere blieb aus. Sie wurde zu einer leidenschaftlichen Kämpferin für die Förderung von Frauenbildung. Ein Jahr vor ihrem Tod im Jahr 1950 wurde ihr der Ehrendoktor der Philipps-Universität Marburg für ihre Verdienste für den „liberalen Protestantismus“ verliehen.
Die weiteren Frauen, die in der Ausstellung vorgestellt werden, sind die Theologinnen Liselotte Richter, Elisabeth Schmitz und Helgalinde Staudigel. Die Studierenden setzten sich bei ihrer Recherche kritisch mit den Biographien aller sechs Frauen und ihrer Zeit auseinander. In Stil von Tagebuch-Einträgen integrierten sie ihre eigenen Gedanken über sie in die Ausstellung. Manches fanden sie inspirierend, anderes betrachten sie mit Distanz.
Mit ihrer Ausstellung wollen sie anderen vor allem auch Mut machen. „Frauen und queere Menschen, die Theologie studieren, fehlt es an Repräsentation“, sagt Juliette Marchet, die ebenfalls an dem Projekt mitarbeitet hat. Mit der Ausstellung wolle man nicht nur verstummten Stimmen wieder eine Stimme geben, sondern damit auch andere motivieren, die bisher nicht gehört werden.
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