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Eine Frage der Anstrengung im Klimaschutz: Die letzten zwei Jahrzehnte unter 1,5 Grad Erwärmung
2024 war das erste Jahr, in dem die globale Durchschnittstemperatur 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau lag. Ist diese vereinbarte Erwärmungsgrenze damit hinfällig? Modelle liefern eine klare Antwort.
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Eigentlich wurde erwartet, dass die globale Durchschnittstemperatur erst Ende der 2020er oder in den frühen 2030er Jahren den im Klimaabkommen von Paris festgehaltenen Wert von „1,5 Grad Celsius über vorindustrieller Zeit“ erreicht. Zwei aktuelle Studien zeigen jedoch, dass die Jahrzehnte, in denen die Erderwärmung diese von den Vereinten Nationen gesetzte Grenze erreicht, bereits begonnen haben.
Es bedürfe erheblicher Anstrengungen für den Klimaschutz, um die im Pariser Abkommen festgehaltenen Limits von 1,5 und zwei Grad in Reichweite zu halten, berichten nun zwei Forschungsteams in „Nature Climate Change“.
Vergangene Überschreitungen
Die Temperaturgrenzwerte des 2015 in Paris geschlossenen Abkommens sind Durchschnittswerte über zwei Jahrzehnte – um natürliche Schwankungen wie das Wetterphänomen El Niño herausrechnen zu können. Im El-Niño-Jahr 2024 lag die globale Durchschnittstemperatur 1,55 Grad über dem vorindustriellen Wert.
Gleichzeitig mit diesem, natürlich verursachten Ausschlag nach oben könnte aber auch der vom Menschen durch die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas verursachte Klimawandel den Grenzwert von 1,5 Grad erreicht haben.

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Forscher um Emanuele Bevacqua vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig haben Klimabeobachtungen und Simulationen aus dem großen Modellvergleichsprojekt CMIP6 untersucht. Sie zeigten für niedrigere Erwärmungsgrade der Vergangenheit, dass das erste einzelne Jahr, in dem die Temperaturen darüber lagen, in den ersten 20-Jahres-Zeitraum fiel, in dem auch die Durchschnittstemperatur diesen Grenzwert erreichte.
Alex Cannon von der Klimaabteilung der kanadischen Umweltbehörde „Environment and Climate Change Canada“ berichtet, dass bereits der Juni 2024 der zwölfte Monat in Folge war, in dem die globalen Oberflächentemperaturen im Mittel mindestens 1,5 Grad über dem vorindustriellen Wert lagen. In Klimamodell-Simulationen zeige das Auftreten einer solchen Reihe ungewöhnlich hoher Temperaturen in der Regel an, dass der betreffende Grenzwert bereits überschritten ist, berichtet Cannon.
„Dies sind angesichts der prognostizierten Auswirkungen und der Notwendigkeit der Anpassung zur Risikominderung wichtige Arbeiten“, sagte Geowissenschaftlerin Daniela Schmidt von der Universität Bristol dem britischen Science Media Center. Risikovermeidung sei die zentrale Bedeutung des Pariser Abkommens. „Jede Erwärmung, die durch eine drastische Verstärkung des Klimaschutzes vermieden wird, verringert die Auswirkungen auf die Menschen, unsere Städte, unsere Infrastruktur und die Umwelt“, sagt Schmidt.
Sich auf die Zahl von 1,5 Grad zu fixieren berge das Risiko, dass Zivilgesellschaft und Industrie, wenn sie überschritten würde, aufgäben. Dann würde die Menschheit jedoch auf dem derzeitigen Entwicklungspfad bleiben, der zu einer globalen Erwärmung von fast drei Grad führe, sagt Schmidt, mit schwerwiegenden und teils unumkehrbaren Folgen. „Auch wenn das Überschreiten der 1,5-Grad-Celsius-Marke keine gute Nachricht ist, so ist es doch viel schlimmer, wenn wir nicht handeln und eine doppelt so starke Erwärmung erreichen.“
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