
© IMAGO/Hanna Wagner
Eine Hochschule „macht auf Big Brother“: Uni Marburg sucht vier Personen für Gratis WG, die ihr Leben auf Social Media teilen
Die Uni Marburg will vier Studierenden eine Wohnung in Marburg stellen, wenn diese dafür Einblick in den Studi-Alltag auf Social Media bieten. Einzug ist im März 2026.
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Eine ungewöhnliche PR-Aktion hat sich die Universität Marburg überlegt: Auf ihrer Website fordert die Uni ihre Studierenden auf, sich für eine Wohngemeinschaft zu bewerben, in denen vier Personen kostenfrei wohnen können. Im Gegenzug sollen sie als „Content-Creator*innen“ auf Social Media ihr „WG- und Studi-Leben“ teilen.
„Du zeigst künftigen Studierenden, wie vielfältig und vielleicht auch anstrengend das Studi-Leben in Marburg sein kann“, heißt es im Text der Anzeige „Mitbewohnis gesucht“. Im Gegenzug wohne man komplett mietfrei, die Kosten übernehme die Uni Marburg, inklusive Nebenkosten.
Als Wohnort der WG wird ein einstöckiges Haus mit Dachgeschoss gezeigt, das unterhalb des Landgrafenschlosses auf dem Schlossberg nahe an einem kleinen Waldstück liegt. Dazu gibt es eine Grafik, die die zwei Etagen aus Vogelperspektive und die Raumaufteilung zeigt: Vier Zimmer, ein Wohnzimmer, zwei Wohnküchen, zwei Toiletten, ein Bad. Die Zimmer haben 18 beziehungsweise 13 und 14 Quadratmeter, die anderen Räume sind alle sehr klein.
Die Bedingung: „Du musst an der Uni Marburg eingeschrieben sein und solltest auf jeden Fall Erfahrung haben, vor der Kamera zu stehen, direkt in die Kamera zu sprechen, Videos zu drehen und zu schneiden sowie Spaß daran haben, dein Leben mit anderen auf Social Media zu teilen.“
Ein Jahr mit Perspektive auf eine Bleibe fürs ganze Studium
Der Mietvertrag für die vier Bewohner läuft vorerst für ein Jahr, er kann aber verlängert werden. Es sei also grundsätzlich möglich, die gesamt Regelstudienzeit plus zwei Semester in der Marburg-WG zu wohnen.

© IMAGO/Michael Nguyen
Ein Haken: Es gibt es noch keine Fotos aus dem Inneren des Hauses zu sehen. Die Pressesprecherin der Uni Marburg sagte dem Tagesspiegel, es würde noch saniert. „Früher hat dort einmal der Hausmeister gewohnt, dann waren es Büros“, nun werde es wieder zum Wohnhaus umgebaut.
Das Budget der Marketing-Aktion wollte die Sprecherin nicht verraten. Es sei aber ohnehin eine Bestandssanierung nötig, der Keller zum Beispiel feucht gewesen. Außerdem ersetze die Aktion die vorherige Strategie des Studierendenmarketings. Das Haus sei in Unibesitz und liege auf dem Gelände des Fachbereichs Physik.
Belustigung auf Social Media
Auf der Plattform Bluesky machten bereits einige Kommentatoren ihrer Überraschung Luft: „Meine Uni macht jetzt auf Big Brother“ und „Wir müssen über Irrwege der Hochschulkommunikation reden“ ist dort etwa zu lesen.
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Man wolle durch die Content-Creator:innen näher an der Generation sein, „das bringt viel mehr, als wenn jemand in meinem Alter sich etwas ausdenkt“, sagte die Pressesprecherin. Die Uni erhofft sich so eine authentische Darstellung des Alltags in der hessischen Uni-Stadt mit 77.000 Einwohnern: „von Studieninhalten, Lernsessions, Prüfungsvorbereitungen, über Orientierungswoche, Studieneinstieg und Beratungsangebote bis hin zu Campusleben, Hochschulsport, Uni-Partys, WG-Leben und anderes“.
Die Bewerberzahl konnte die Uni noch nicht nennen: Der Aufruf wurde erst an diesem Donnerstag veröffentlicht. Bisher habe es aber sehr positive Reaktionen auf die Aktion gegeben, sagte die Pressesprecherin. Bewerben kann man sich bis zum 14. Dezember mit einem Video bei der Uni. Nähere Infos gibt es unter: uni-marburg.de/de/studium/vor-dem-studium/studieren-in-marburg/marburg-wg
Die Lage der Studierenden in Deutschland ist derzeit extrem angespannt: wegen des Rekordhochs der Mietpreise in Groß- und Universitätsstädten und der steigenden Lebenshaltungskosten. Viele finden monatelang kein bezahlbares Zimmer, bleiben, wenn möglich, bei ihren Eltern wohnen oder entscheiden sich aus finanziellen Gründen ganz gegen ein Studium. Die Bafög Wohnpauschale liegt derzeit bei 380 Euro. Laut des Moses-Mendelssohn-Instituts liegen die durchschnittlichen Mieten in 70 von 88 Hochschulstädten darüber.
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