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Schwein

© imago images/YAY Images

Erste Schweine mit Vogelgrippe infiziert: Wird die Übertragung von Mensch zu Mensch damit wahrscheinlicher?

Auf einer Farm im US-Bundesstaat Oregon ist der Vogelgrippe-Erreger H5N1 bei Schweinen entdeckt worden. Ein Szenario, vor dem Virologen in den vergangenen Monaten eindringlich gewarnt hatten.

Stand:

Überall im Körper eines Schweins einer Farm im US-Bundesstaat Oregon haben Veterinäre das Vogelgrippe-Virus H5N1 entdeckt. Das meldete am Mittwoch die zuständige US-Landwirtschaftsbehörde USDA.

Auf der kleinen Farm in Crook County im Süden Oregons, deren Hühner sich mit H5N1 infiziert hatten, waren insgesamt fünf Schweine den Viren ausgesetzt. Sie zeigten zwar keine Krankheitssymptome, aber bei zwei Tieren wurde das Virus festgestellt, meldete die USDA.

Wenn sich diese Viren von Schwein zu Schwein ausbreiten, dann haben wir ein Problem.

Florian Krammer, Mount Sinai Krankenhaus, New York

Drei wurden getötet, um verschiedene Gewebe untersuchen zu können. Eines der Tiere habe „Virus im ganzen Körper“ gehabt, wird Ryan Scholz, der leitende Veterinär des Bundesstaats, vom US-Online-Portal „Statnews“ zitiert.

Mischgefäß für Viren

Zwei weitere Tiere, sogenannte „Teacup“-Minischweine, wurden ebenfalls untersucht. Sie waren zusammen mit den Hühnern in einem Stall gehalten worden. Die Untersuchungsergebnisse stehen noch aus.

Seitdem in den USA bei Milchkühen auf über 200 Farmen verteilt über 14 Bundesstaaten das H5N1-Virus festgestellt wurde, befürchten Experten, dass es auf Tiere wie das Schwein überspringen könnte, die auch mit menschlichen Influenza-Viren infiziert werden können.

Wenn das Erbgut menschlicher Influenza-Viren in einer Zelle mit dem Erbgut der Vogelgrippe-Erreger zusammenkommt, kann es zu einem Neuarrangement kommen. Das liegt daran, dass das Erbgut von Influenza-Viren aus mehreren Segmenten besteht, insgesamt acht (bezeichnet als HA, NA, M, NP, PA, PB1, PB2 und NS). Befinden sich die acht Erbgutabschnitte von H5N1 gemeinsam mit den acht Teilen menschlicher H1N1-Viren in einer Zelle, können die neu kopierten Geninformationen gemischt und in neuen, hybriden Viruspartikeln verpackt werden.

Quelle für Pandemien

Die meisten dieser Viren dürften keine guten Überlebenschancen haben, da alle Virusgenvarianten gut aufeinander abgestimmt sein müssen, um möglichst effektiv zu funktionieren. Aber einige könnten sogar Vorteile gegenüber den ursprünglichen H5N1 oder H1N1-Viren haben: Eigenschaften sowohl des Vogelgrippe-Erregers, als auch menschlicher Viren.

Das könnte dazu führen, dass sich eine H5N1-Variante entwickelt, die sich in Menschen oder sogar in Menschen so gut vermehrt, dass sie nicht nur leichter auf den Menschen überspringen, sondern auch von Mensch zu Mensch übertragbar werden. Das ist Vogelgrippe-Viren bislang nicht gelungen, obwohl es einzelne Fälle gegeben hat, in denen Farmmitarbeiter sich mit H5N1 infiziert haben. Ohne jedoch nennenswert zu erkranken oder die Viren weiterzugeben.

Elektronenmikroskopische Aufnahme von H5N1 Viren (goldfarben) in einer Zellkultur.

© imago/UIG

Dass dies nicht nur ein theoretisches Szenario ist und womöglich den Beginn einer neuen Influenza-Epidemie oder gar Pandemie bedeuten könnte, zeigt der Blick in die Historie der Grippeepidemien: Die Ursache für die „Schweinegrippe“-Pandemie von 2009 war eine solche „Neusortierung“ (Reassortment) von Influenzaviren in Schweinen.

Auch die „Hongkong-Grippe“ 1968 mit H3N2-Viren ging sehr wahrscheinlich auf ein Neuarrangement von Vogelgrippeviren mit Influenzaviren des Typs H2N2 zurück. Und diese H2N2-Viren der „Asiatischen Grippe“ waren wiederum 1957 durch ein Reassortment-Ereignis entstanden – und schätzungsweise bis zu vier Millionen Tote weltweit verursacht.

Ob die in dem Schwein entdeckten Viren ein solches Neuarrangement bereits durchlaufen haben, ist offen. Zwar hat die USDA-Behörde eine Sequenzierung des Viruserbguts den Angaben nach wohl veranlasst, jedoch noch keine Sequenzen veröffentlicht. Scholz erklärte lediglich, dass es sich nicht um den H5N1-Typus handele, der in Milchkühen kursiere, sondern um eine, die aus Wildvögeln stammt.

Solange es bei diesen ein, zwei infizierten Schweine bleibt, sei das keine große Sache, sagt der Influenza-Experte Florian Krammer vom Mount Sinai Krankenhaus in New York. „Wenn sich diese Viren aber von Schwein zu Schwein ausbreiten, dann haben wir ein Problem.“ Es wäre aber eine „Katastrophe“, wenn sich die Viren in den riesigen Schweinebeständen in den USA ausbreiten würden, so Krammer.

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