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„Wir müssten dringend auf die Bremse treten“: Globale Erwärmung führt in Deutschland zu mehr Extremwetter
Auch in Deutschland hat sich der Klimawandel in den vergangenen Jahrzehnten Experten zufolge beschleunigt. Das führe unter anderem zu mehr Hitzewellen und Sturmfluten.
- Carola Große-Wilde
- Jan Kixmüller
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Waldbrände, Hitzewellen, Überflutungen: Experten haben beim 15. Extremwetterkongress in Hamburg vor den Folgen des Klimawandels gewarnt und zum Handeln aufgerufen.
„Die Beschleunigung der globalen Erwärmung ist derart schnell, dass wir aus der Klimakurve fliegen“, sagte Frank Böttcher, Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft und Veranstalter des Kongresses, zum Auftakt der Tagung.
„Wir müssten dringend auf die Bremse treten, doch emittieren wir weiterhin viel zu viel CO₂. Wir müssen jetzt mit einer Welt denken und planen, in der wir 2050 bereits die 3-Grad-Grenze überschreiten“, warnte der Meteorologe.
Beispiellose Häufung von Rekordjahren
Auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) ist zu einer Neubewertung hinsichtlich des Entwicklungstrends der Temperaturen in Deutschland gekommen. „Wir beobachten eine beispiellose Häufung von Wärmerekordjahren mit Blick auf das zurückliegende Jahrzehnt“, sagte Tobias Fuchs, Vorstandsmitglied beim Deutschen Wetterdienst.
„Der Klimawandel beschleunigt sich – und mit ihm nehmen Wetterextreme wie Hitzewellen und Trockenphasen spürbar zu.“ Besonders in Städten würden die Belastungen für die Menschen immer größer.
Das ist ein klares Zeichen des Klimawandels.
Helge Heegewaldt, Präsident des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie
„Deshalb brauchen wir entschlossenes Handeln: Klimaschutz, um die Erderwärmung zu bremsen, und gleichzeitig Anpassung, um die Folgen besser bewältigen zu können“, meinte der Experte.
Hotspot Deutschland
Seit 1960 war nach DWD-Daten jede Dekade in Deutschland wärmer als die vorherige. Die stärkere Erwärmung der letzten Jahre fand demnach in Deutschland statt – und zeigt sich in ähnlicher Ausprägung in ganz Europa sowie fast ebenso stark über den Landmassen weltweit.
Aktuell steigt die Konzentration von Treibhausgasen nicht nur weiter, sie nimmt sogar schneller zu als je zuvor. „Das bedeutet, dass die 1,5-Grad-Grenze nach dem Pariser Klimaabkommen inzwischen unvermeidbar im Zeitraum 2028 bis 2036 überschritten wird“, so der Einschätzung der Experten.
Nord- und Ostsee ungewöhnlich warm
Die Nordsee war im Frühjahr und Sommer 2025 so warm wie nie seit Beginn der Messungen. Das sagte Helge Heegewaldt, Präsident des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie. In der Ostsee bei Kiel dauerte eine marine Hitzewelle über 55 Tage – mit Temperaturen von mehr als vier Grad über dem langjährigen Mittel.
Die Hoffnung aufgeben, ist die schlechteste Lösung.
„Das ist ein klares Zeichen des Klimawandels“, betont Heegewaldt. „Unsere Meere erwärmen sich immer weiter – mit weitreichenden Folgen.“ Der Meeresspiegel in Cuxhaven sei seit 1900 bereits um mehr als 25 Zentimeter gestiegen und werde weiter steigen.

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„Dadurch erhöhen sich die Wasserstände an unseren Küsten deutlich. Auch Sturmfluten werden vor diesem Hintergrund heftiger ausfallen.“
Bis 2100 rechnen Expert:innen dort mit einem zusätzlichen Anstieg von 0,6 bis 1,1 Meter, bis 2150 sogar mit 0,8 bis 1,9 Meter – vorausgesetzt, die Treibhausgasemissionen werden nicht drastisch reduziert.
Ein weiteres Warnsignal des Klimawandels: Die Alpengletscher schmelzen in diesem Sommer so schnell wie nie zuvor. Auch das arktische Meereis zieht sich weiter drastisch zurück – ein deutliches Zeichen dafür, dass die Erde sich in alarmierendem Tempo erwärmt.
Der Meteorologe Sven Plöger warnte davor, trotz der schlechten Nachrichten den Mut und die Zuversicht zu verlieren. „Denn die Hoffnung aufgeben, ist die schlechteste Lösung“, sagte der Buchautor. Gesellschaften seien dann besonders anpassungsfähig, wenn sie sich nicht von Angst, sondern von Zuversicht leiten ließen.
„Nicht aufgeben, bevor man richtig angefangen hat! Immer häufiger höre ich den demotivierten Satz ,Das schaffen doch sowieso nicht mehr!’ So auf die Welt zu blicken, endet schnell in einer sich selbst erfüllenden Prognose“, meinte der Meteorologe. (dpa/TSP)
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