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Angeklagt. US-Unis haben Kooperationen mit Huawei auf Eis gelegt.

© dpa

Forschungskooperation mit deutschen Unis: Huawei auf dem Prüfstand

Die Fraunhofer-Gesellschaft überprüft ihre Forschungsprojekte mit Huawei. Einige große deutsche Universitäten dagegen sehen dazu keinen Anlass.

Die Fraunhofer-Gesellschaft überprüft die gemeinsamen Forschungsprojekte mit dem umstrittenen chinesischen Unternehmen Huawei. „In enger Absprache mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung werden alle Vorhaben einer inhaltlichen Einzelfallprüfung unterzogen“, teilte ein Sprecher auf Anfrage vom Tagesspiegel-Newsletter „Background Digitalisierung“ mit. Ob es dabei – ähnlich wie jetzt bei zahlreichen US-Unis – zu einem Ende der Zusammenarbeit kommen könnte, ließ der Sprecher offen.

Mit Huawei kooperiert unter anderem das Fraunhofer-Institut für offene Kommunikationssysteme in Berlin bei intelligenten Verkehrssystemen, das Vorhaben wurde erst im Oktober angekündigt. Die Fraunhofer-Gesellschaft gehört mit ihren 72 Standorten in Deutschland zu den größten Forschungsorganisationen für angewandte Forschung in Europa.

"Interne Überlegungen" zu Huawei an der RWTH Aachen

An der RWTH Aachen ist auf Anfrage von „internen Überlegungen“ zu Huawei die Rede. „Beschlüsse der Gremien gibt es hierzu derzeit nicht“, teilt eine Sprecherin mit. Andere große deutsche Universitäten – die Technischen Unis in Berlin und München sowie das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) – wollen ihre Zusammenarbeit mit Huawei dagegen nicht überprüfen. Die TU Berlin verweist auf Rahmenbedingungen für ihre Projekte mit Huawei: Forschungsergebnisse würden veröffentlicht, meistens auch als Open Source. Außerdem achte man darauf, dass bei den Kooperationen europäisches Recht gelte.

Am KIT ist Huawei Partner beim Smart Dat Innovation Lab und beim Software Campus, wie das Institut mitteilt. „Nach dem derzeitigen Stand gibt es in der Kooperation mit Huawei keine Hinweise, die eine gegenteilige Bewertung und das Infragestellen der Kooperation erlauben würden“, erklärte die KIT-Sprecherin. Das ist auch die Haltung der TU München. Sie hat nach eigenen Angaben seit 2013 mehrere Kooperationsverträge mit der Huawei Technologies GmbH Düsseldorf abgeschlossen, meist in den Ingenieurwissenschaften. Durchschnittlich seien diese mit 150.000 Euro pro Jahr dotiert, „also vergleichsweise gering“, wie ein Sprecher mitteilte.

Das Unternehmen sieht kein Anzeichen, dass sich deutsche Partner zurückziehen

Ein Sprecher von Huawei Deutschland erklärte auf Anfrage, das Unternehmen sehe „keine Anzeichen, dass deutsche Partner sich aus der Zusammenarbeit im Forschungsbereich zurückziehen wollen“. Huawei habe in Deutschland seit 2006 mit rund 20 Unis und Instituten mehr als 120 Forschungskooperationen durchgeführt. Man stehe insbesondere in Deutschland ständig im Austausch über neue Projekte mit externen Partnern, da in München das größte europäische Forschungszentrum der Firma angesiedelt sei. Welche Summen Huawei bereits in deutsche Unis investiert hat, war nicht zu erfahren.

Mehrere US-amerikanische Unis gehen dagegen bereits auf Abstand zu Huawei und zu dem chinesischen Telekommunikations- und Netzausrüster ZTE. Am vergangenen Mittwoch hatte auch das renommierte Massachusetts Institute of Technology (MIT) in einem Schreiben an seine Wissenschaftler erklärt, es werde keine neuen Kooperationen mit Huawei oder ZTE abschließen und existierende nicht erneuern, wie die „South China Morning Post“ berichtete. Das MIT begründete das demnach mit der Anklage der US-Justizbehörde gegen Huawei. Sie beschuldigt Huawei, Handelsgeheimnisse gestohlen zu haben, sich über die Sanktionen gegen China zu hinwegzusetzen und Banken belogen zu haben. Das MIT ist am Huawei Innovation Research Program (HIRP) beteiligt, einer weltweiten Forschungsinitiative von Huawei. Wie Huawei steht das Unternehmen ZTE in den USA im Verdacht, ein Risiko für die Cyber-Sicherheit des Landes darzustellen.

Viele US-Unis legen ihre Kooperationen auf Eis

US-amerikanischen Regierungsstellen und ihren Subunternehmen ist schon seit Frühjahr 2018 die Verwendung von Huawei-Geräten untersagt. Zudem gibt es inzwischen eine Vorgabe, die es sämtlichen US-Behörden verbietet, Verträge mit Unternehmen zu schließen, die dem chinesischen Staat gehören, von ihm kontrolliert oder auch nur beeinflusst werden.

Die Stanford University hatte bereits Anfang Februar erklärt, vorerst keine neuen Kooperationen mit Huawei eingehen zu wollen. Auch die University of California Berkeley und die University of Minnesota hatten ihre Kooperationen mit Huawei im Februar auf Eis gelegt. Schon vorher hatte Berkeley ein Huawei-System für Video-Konferenzen vom Campus entfernt, wie Reuters berichtete.

In Deutschland vergibt das Unternehmen auch Stipendien an Studierende

In Deutschland ist Huawei an den Unis auch jenseits bestehender Kooperationen präsent. So hat Huawei 2013 an Studierende der RWTH Aachen zehn Deutschland-Stipendien vergeben, im März 2017 konnten Studierende im „Huawei-Studentenprogramm“ der RWTH auf eine „kostenlose China-Exkursion“ gehen. Das Career-Center des Karlsruher KIT lud im April 2018 zu einem „Fachvortrag“, bei dem Huawei für seine Jobangebote werben konnte. Dort ist laut KIT Huawei auch „Mitglied im Business Club“.

Auch in der Förderung von Doktoranden ist Huawei aktiv: So gibt es im Team des Lehrstuhls für Medientechnik an der TU München zwei externe Doktoranden, die von Huawei Deutschland kommen. An der TU Berlin gehört das Unternehmen zu den Industrie-Partnern des Fachgebiets Datenbanksysteme und Informationsmanagement, das im BMBF-geförderten Programm „Software Campus“ IT-Projekte an Doktoranden vergibt.

Dieser Text ist zuerst erschienen im Entscheider-Briefing Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI.

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