zum Hauptinhalt
Gudrun Krämer ist Islam- und Politikwissenschaftlerin

© Imago/allefarben-foto

Für Buch über Muslimbruderschaft: Berliner Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer erhält den Deutschen Historikerpreis

Die Historikerin Gudrun Krämer von der Freien Universität Berlin bekam am Montag den wichtigsten Preis der Geschichtswissenschaften verliehen: für ihre Forschung zu Ursprüngen des modernen Islamismus.

Stand:

Die Islamwissenschaftlerin und Historikerin Gudrun Krämer von der Freien Universität Berlin hat am Montag den Deutschen Historikerpreis erhalten. Er gilt hierzulande als wichtigste Auszeichnung in den Geschichtswissenschaften. Krämer wird für ihre Forschung zu den Ursprüngen des Islamismus geehrt, insbesondere für ihr bereits preisgekröntes Buch „Der Architekt des Islamismus. Hasan al-Banna und die Muslimbrüder“. Sie ist eine der international führende Forscherin in dem Bereich.

Al-Banna wurde 1906 in Ägypten geboren, war Grundschullehrer für Arabisch und gründete 1928 zusammen mit Arbeitern die Muslimbruderschaft, die zu einer islamistischen Massenbewegung werden sollte. Formal war Ägypten seit 1922 unabhängig, stand tatsächlich aber noch unter dem Einfluss der Kolonialmacht Großbritannien, die etwa den Suezkanal und Ägyptens Außenpolitik kontrollierte.

Angesichts von „Kolonialismus, christlicher Mission und Verwestlichung“ habe al-Banna Ägypten „kulturell, moralisch und politisch in der Krise“ gesehen, wird Krämer in der FU-Mitteilung zitiert. Die Krise habe er mittels eines erneuerten Islam überwinden wollen, der „alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens durchdringen sollte“.

Unter Berufung auf den Islam hätten Muslimbrüder dann Politik gemacht. Sie kämpften gegen britische Kontrolle und gegen den Zionismus, also das Projekt eines jüdischen Staats im Nahen Osten. Sie standen zudem mit den deutschen Nationalsozialisten im Austausch, die sich ihrerseits mittels Radio-Propaganda bemühten, in der arabischen Welt Antisemitismus zu schüren.

1948 wurde die Organisation verboten, Al-Banna starb 1949 bei einem Anschlag. Bis heute nehmen islamistische Bewegungen auf die Vordenker des 20. Jahrhunderts Bezug.

Standardwerke über Palästina und den Islam

In der Begründung für die Preisvergabe an Krämer lobt das Kolleg ihren „minutiösen“ Umgang mit arabischen Quellen. Sie arbeite ausgewogen heraus, wie sich die Lebenserfahrungen al-Bannas auf die Ideologie und Organisation der Muslimbruderschaft auswirkten. Und ihr gelinge es, „facettenreich die Alltags- und Sozialgeschichte der Region zu beleuchten“. Damit trage Krämer „ganz wesentlich dazu bei, Entstehung und Entwicklung des Islamismus differenziert zu beschreiben“.

Die Professorin im Ruhestand kam 1999 an die FU Berlin, leitete bis 2019 das Institut für Islamwissenschaft und war Direktorin der „Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies“. Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Manche gelten als Standardwerke, etwa „Geschichte Palästinas“ (2002) oder die „Geschichte des Islam“ (2005). Die FU hebt hervor, Krämers Anliegen sei es, eng mit arabischen sowie israelischen Wissenschaftler:innen und Einrichtungen zusammenzuarbeiten.

Mit dem „Preis des Historischen Kollegs“ zeichnet das Münchner Elite-Kolleg das Werk von Geschichtswissenschaftler:innen aus. Grundlage für die Auszeichnung ist laut dem Kolleg ein herausragendes Werk, „das wissenschaftliches Neuland erschließt, über die Fachgrenzen hinaus wirkt und in seiner sprachlichen Gestaltung vorbildhaft ist“. Der Preis ist mit 30.000 Euro dotiert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })