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Eine Mathedozentin steht in einem Hörsaal vor einer vollgeschriebenen Tafel. Sie wird bei ihrer Vorlesung gefilmt.

© oto: Oliver Ziegler/TU Berlin

Voraussetzungen für gelingende digitale Lehre: „Gute Kameras und Mikros gibt es ja jetzt“

Eineinhalb Stunden Online-Vorlesung durchziehen oder nur die Folien hochladen? Das soll es nicht mehr geben, sagt Hans-Ulrich Heiß, Vizepräsident der TU Berlin.

Herr Heiß, kommt es absehbar zu einem erneuten Notbetrieb der Universität – mit Aussperrung aller Angehörigen der Hochschule?
Ich hoffe es nicht, kann aber keine Garantie abgeben. Wir gehen jedoch davon aus, dass im Herbst und Winter in hohem Maße aus dem Homeoffice gearbeitet wird. Momentan steht es Professorinnen und Professoren ebenso wie Mitarbeiter*innen in Verwaltung und Technik noch frei, in ihren Einzelbüros an der TU zu arbeiten. Auch WiMis und studentische Hilfskräfte können kommen, wenn sie allein im Raum sitzen.

Eine Umfrage der TU Berlin unter Lehrenden zeigt, dass großer Nachholbedarf bei der technischen Ausstattung im Homeoffice gesehen wird.
Professor*innen sollten mittlerweile gut ausgestattet sein – wir haben für sie im Frühjahr und Sommer bereits hunderte Tablets, Kameras und Mikrofone angeschafft. Finanziert wurde das mit einem Teil des 1,6-Millionen-Anteils der TU aus dem Senatsprogramm „Virtual Campus Berlin“.

Was wissenschaftlichen Mitarbeitenden und studentischen Hilfskräften jetzt noch fehlt, kann mit den zusätzlichen 1,5 Millionen Euro für das Wintersemester angeschafft werden. Da gibt es Nachholbedarf, den wir schnellstmöglich abdecken. Gerade hat die TU Berlin über 400 Laptops für Beschäftigte bestellt.

Ein Porträtbild von Hans-Ulrich Heiß.
Hans-Ulrich Heiß ist seit 2012 Vizepräsident für Lehre, Digitalisierung und Nachhaltigkeit an der Technischen Universität Berlin.

© David Ausserhofer/TU Berlin

Die TU hat im Sommersemester digital viel auf die Beine gestellt. Aber nicht alles lief gut, wie die teilweise hohen Drop-out-Quoten in Lehrveranstaltungen zeigen, von denen die Lehrenden berichten. Wie kommt es dazu?
Ich habe keine gute Antwort für alle Fächer, die davon betroffen sind. Am höchsten waren die Abbrecherquoten in der Mathematik, die ja größtenteils eine Serviceveranstaltung für die Ingenieurwissenschaften ist. Da müssen jährlich 4000 Studierende durch. Mathevorlesungen sind von vielen gefürchtet – und sie sind offenbar als Onlineformat noch schwieriger.

Was muss ab jetzt besser laufen?
Ich gehe davon aus, dass sich die Qualität der Online-Lehrveranstaltungen drastisch verbessert. Dass sie besser aufgenommen und geschnitten werden und insgesamt eine bessere Aufnahmequalität haben. Gute Kameras und Mikros gibt es ja jetzt. Und von den Professor*innen haben sicher 30 bis 40 Prozent an den Workshops und Einzelcoachings des Online-Lehre-Teams teilgenommen.

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Sie klingen zufrieden mit den Lehrenden an der TU – mit allen?
Sie haben ein enormes Engagement gezeigt: mit einem zeitlichen Mehraufwand von 50 bis 100 Prozent, um ad hoc auf digitale Formate umzustellen. Aber klar, wir haben von Einzelfällen gehört, in denen ein Professor gesagt hat: Hier sind die Folien meiner Vorlesung, wir sehen uns in drei Monaten zur Prüfung wieder. Das darf es nicht mehr geben. Wer so etwas macht, wird in der Lehrevaluation durch die Studierenden abgestraft.

Wie soll es mit der Digitalisierung der Lehre weitergehen?
Wir haben Lehren aus dem ersten Digitalsemester gezogen. Gut strukturierte Online-Vorlesungen sind bei den Studierenden gut angekommen und auch für die allermeisten Lehrenden eine Option. Ziel ist es – möglichst schon in diesem Herbst und Winter – die klassische Vorlesung durch Lehrvideos in Zeiteinheiten von zehn bis 20 Minuten abzulösen.

Synchrone Vorlesungen, denen man nur zur festgesetzten Zeit folgen kann, sind ja wenig beliebt.
Ja, deshalb sollen die Lehrvideos zukünftig zu Semesterbeginn zur Verfügung stehen – und zwar asynchron, also jederzeit abrufbar. Seminare, Tutorien und Übungen sollten nach Möglichkeit nach Abflauen der Pandemie wieder in Präsenz gegeben werden. In komplett digitalen Übungsformaten ist es für Lehrende schwer, sich vom Lernfortschritt ein Bild zu machen.

Dafür brauchen beide Seiten ein direktes Feedback. Das gibt es nicht, wenn die Lehrenden auf lauter dunkle Kacheln auf ihrem Bildschirm schauen. Denn die Erfahrung zeigt: Die meisten Studierenden schalten ihren Bildschirm aus.

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