zum Hauptinhalt
Nach einem Herzinfarkt zählt die Zeit bis zur operativen Öffnung der verschlossenen Gefäße.

© Kitty Kleist-Heinrich

Herzensangelegenheiten in Coronazeiten: Mediziner warnen vor Covid-19-Folgen für Herzpatienten

Der Herzbericht führt weniger tödliche Infarkte und Fortschritte bei angeborenen Herzfehlern auf. Die Coronapandemie gibt jedoch Anlass zur Sorge.

Dass Erkrankungen der Herzkranzgefäße und Herzinfarkte die Statistik der Todesursachen in Deutschland anführen und auch Herzschwäche dort einen führenden Platz einnimmt, ist nicht neu. Auch im gerade erschienenen Herzbericht 2019 bestätigt sich, dass Herzerkrankungen mit 21,5 Prozent die Todesursache Nummer eins sind, deutlich vor den Krebserkrankungen. Erkrankungen der Herzklappen und Herzrhythmusstörungen führten zu etwas mehr Todesfällen als im Vorjahresbericht – typischerweise allerdings erst im hohen Lebensalter.

Überraschungen bietet der Bericht nicht, aber es ist eine große Sorge hinzugekommen: Viele Herzpatienten sind von einer Ansteckung mit Covid-19 in besonderer Weise bedroht. Zum einen stellen Infektionen mit Viren eine zusätzliche Belastung für ein ohnehin geschwächtes Herz-Kreislauf-System dar. Dazu kommt, dass viele Herzpatienten einen Diabetes vom Typ 2 haben, übergewichtig sind und hohen Blutdruck haben.

Anfälligkeit durch Herzleiden

Es zeichne sich auch ab, dass Herzpatienten etwas anfälliger sind für thrombo-embolische Ereignisse, also für Gefäßverschlüsse, die zu lebensgefährlichen Embolien werden können, berichtete Andreas Zeiher vom Uniklinikum Frankfurt am Main. Das bezieht sich nach bisherigem Wissensstand überwiegend auf kleine Gefäße, kann möglicherweise aber auch die Herzkranzgefäße betreffen.

In den Kliniken werden deshalb bei der Covid-19-Behandlung blutverdünnende Medikamente eingesetzt. Bei einigen Patienten seien im MRT aber auch strukturelle Veränderungen am Herzen gesehen worden, berichtete Zeiher. Von diesen wenigen Befunden dürfe man allerdings keine weitreichenden Schlüsse ziehen. Wie nach anderen Infektionen mit Viren und Bakterien droht zudem in seltenen Fällen auch nach Covid-19 eine Entzündung des Herzmuskels.

Jan Gummert, Ärztlicher Direktor am Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen, konnte erste Zahlen zu den besonders gefährdeten Patienten mit einem transplantierten Herzen nennen: 21 von ihnen haben sich inzwischen mit Sars-CoV-2 infiziert, acht von ihnen mussten beatmet werden, sieben Patienten starben.

Für Herzpatienten ist es unter Umständen bereits schwieriger, eine Infektion mit dem Corona-Virus überhaupt zu erkennen. Die Symptome können den Beschwerden einer Herzerkrankung stark ähneln, wie die Deutsche Herzstiftung hervorhebt. Herzpatienten sollten deshalb genauer auf Atembeschwerden achten und sie nicht als „normal“ hinnehmen.

Fortschritte in der Behandlung

Der 31. Herzbericht kann in einigen Bereichen auch mit guten Nachrichten aufwarten. So starben im Vergleich zu 2011 im Jahr 2018 deutlich weniger Menschen an einem akuten Herzinfarkt: Bei Männern gab es einen Rückgang der Todesfälle um 21,6, bei den Frauen um 27 Prozent. Als Grund nennen die Kardiologen eine Verbesserung der Abläufe im Rettungssystem, und damit einen lebensrettenden Zeitgewinn bis zur Öffnung der verstopften Herzkranzgefäße mit dem Herzkatheter, eine Verkürzung der „Door-to-balloon-Zeit“.

Mit am wichtigsten dafür: Die Symptome müssen zuhause schnell erkannt werden, bei Verdacht sollte man schnell den Notruf 112 wählen. Und das auch während der Corona-Epidemie. „Die Infektionsgefahr im Krankenhaus ist minimal“, versicherte Voigtländer.

Als Hinweis auf die verbesserte Versorgung von Menschen mit einem Herzinfarkt werten die Herzmediziner auch den Rückgang der Krankenhausbehandlungen wegen einer Herzschwäche im Jahr 2018 gegenüber den Vorjahren. Denn eine Herzschwäche ist in vielen Fällen die Langzeitfolge eines großen Herzinfarkts.

Berücksichtigt man größere Zeiträume, so sind vor allem die Fortschritte in der Behandlung angeborener Herzfehler frappierend: Noch in den 1950er Jahren sei die überwiegende Mehrheit der Menschen, die mit einem Herzfehler auf die Welt kamen, schon im Säuglingsalter verstorben, berichtete der Kinderkardiologe Nikolaus Haas.

Heute erreichen 95 Prozent dieser Herzpatienten das Erwachsenenalter. „Wir können uns kaum noch verbessern.“ Die exzellente Versorgung von Kindern mit schweren angeborenen Herzfehlern sei allerdings durch den derzeitigen Mangel an Intensivpflegekräften in Gefahr, mahnte Haas. „Aus geplanten werden in manchen Fällen dringliche Operationen.“

Nur 3,3 Prozent aller herzchirurgischen Eingriffe galten im Berichtszeitraum den angeborenen Herzfehlern. Neben den Kleinsten sind es die Hochaltrigen, bei denen die Zahlen steigen: Zwischen 2011 und 2018 stieg Anteil der über 80-Jährigen an den Eingriffen von 12,8 auf 16,7 Prozent. Eingriffe an den Herzklappen, heute oft mittels Herzkatheter (TAVI), spielen hier eine bedeutsame Rolle.

Die Deutsche Herzstiftung veröffentlicht die Bestandsaufnahme der Versorgung von Herzkrankheiten gemeinsam mit den einschlägigen ärztlichen Fachgesellschaften: der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie-, Herz- und Kreislaufforschung, der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler und der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie jedes Jahr.

Die Herzstiftung bietet unter www.herzstiftung.de/risiko auch einen kostenfreien Herzinfarkt-Risikotest an.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false