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Ob die Krankheitserreger, die in Sudans National Public Health Laboratory in Khartoum, sicher sind, ist aufgrund der Kämpfe im Land derzeit unklar.

© REUTERS/National Public Health Laboratory - Sudan

Hochsicherheitslabor im Sudan besetzt: Wie gefährlich ist die Situation?

Im Sudan herrscht Krieg und ein Labor voller Krankheitserreger wurde eingenommen. „Extrem gefährlich“ nennt das die Weltgesundheitsorganisation. Wirklich?

Stand:

Im Zuge der Kämpfe im Sudan wurde das Nationale Public Health Labor in Khartoum besetzt, in dem auch Proben von Krankheitserregern aufbewahrt werden, darunter Polio- und Masern-Viren sowie Cholera-Bakterien. Das Fachpersonal sei vertrieben worden, sagte der Repräsentant der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Land, der Mediziner Nima Saeed Abid, und nannte die Situation „extrem, extrem gefährlich“.

Dem widerspricht die Biosicherheitsexpertin Fillipa Lentzos vom King‘s College in London, die auch für eine Beratergremium der WHO für Fragen der Gesundheitssicherheit (HSI-TAG) arbeitet. Es handele sich um ein gewöhnliches medizinisches Labor, kein Biosicherheitslabor, und es befänden sich dort auch nur solche Krankheitserreger, die in der Region ohnehin kursieren würden, weshalb sie nicht als hochriskant eingestuft werden, sagte sie der BBC.

Keine Virusforschung sondern Diagnostik

Auch Björn Meyer vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Uniklinik Magdeburg kennt die Einrichtung als „reines Diagnostiklabor“, in dem vorübergehend Probenmaterial von gegebenenfalls infizierten Patienten aus der Region gelagert wird. Die Bundesrepublik hatte es während der Corona-Pandemie mit PCR-Geräten für Sars-Cov-2-Diagnostik unterstützt.

Ein Ausbruch kann zusätzlich zu den Kämpfen für die Bevölkerung im Sudan gefährlich sein.

Björn Meyer, Uniklinik Magdeburg

Nichtsdestotrotz wäre ein Masern-, Polio- oder Cholera-Ausbruch aufgrund falscher Handhabung in dem besetzten Labor für die Bevölkerung eine zusätzliche Belastung. „In Ländern wie Sudan, sind Impfquoten oft sehr niedrig oder regional sehr lückenhaft, so dass ein Ausbruch zusätzlich zu den Kämpfen für die Bevölkerung gefährlich wäre“, sagt Meyer. Zwar gebe es gegen diese Pathogene geeignete Impfstoffe und Medikamente. Im Kriegszustand könnten sie jedoch kaum hinreichend verabreicht werden.

„Frieden wäre die beste Medizin“

Während Masern, Polio oder Cholera in Europa allein schon aufgrund hoher Impfquoten keine ernste Gefahr mehr darstellen, wäre eine Freisetzung von Ebola-, Marburg- oder Lassa-Viren, wie sie in einigen wenigen Hochsicherheitslabore (BSL-4), etwa in Hamburg und Berlin, erforscht und gelagert werden, schon eher problematisch. Für Krisensituationen, etwa Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Erdbeben, sind für solche Einrichtungen sowohl Sicherheitseinrichtungen wie Zugangsbeschränkungen und Notstromversorgung vorgeschrieben als auch besondere Sicherheitsvorkehrungen, um die Proben lange Zeit sicher zu verwahren, so das Robert-Koch-Institut. So seien „immer nur geringe Mengen der Erreger“ im Labor, so dass selbst im Fall einer Freisetzung „nur verschwindend kleine Mengen“ entkämen, die zudem durch die Umgebungsluft „stark verdünnt“ und damit unschädlich würden. Bei Bränden würden die Erreger abgetötet.

Die hauptsächliche Bedrohung für die Bevölkerung im Sudan seien die Kämpfe, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus auf einer Pressekonferenz in Genf: 61 Prozent aller Gesundheitseinrichtungen seien bereits zerstört worden, chronische Krankheiten könnten nicht behandelt, Geburten nicht begleitet werden. „Wie immer in einer solchen Situation wäre die beste Medizin Frieden“, sagte Ghebreyesus. (skb)

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