
© dpa/John Raoux
Hüpfer und Bohrer an Bord: Private Mission zum Mond erfolgreich gestartet
Bevor die nächsten Astronauten den Mond betreten, kundschaftet eine Flotte unbemannter Späher die Gegend aus. Jetzt soll eine Sonde der US-Firma Intuitive Machines den Mondsüdpol erkunden.
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In der Nacht zum Donnerstag ist eine Falcon-9-Rakete der US-Firma Space-X erfolgreich vom Kennedy Space Center gestartet. Sie soll eine Mondlandefähre der US-Firma Intuitive Machines zum Mond bringen. Die Landung am Südpol des Erdtrabanten soll am 6. März erfolgen. Wenn alles gut geht.
Denn bislang läuft das Projekt ‚Rückkehr zum Mond‘ der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa nicht nach Plan. Was derzeit auf dem Mond steht und fährt, ist vor allem „Made in China“.
„Wir haben die amerikanische Industrie beauftragt, eine Sonde weich auf dem Mond landen und sie dort arbeiten zu lassen“, sagt Joel Kearns, bei der Nasa zuständig für Exploration und Wissenschaftsmissionen. „Das hat sich aber als ziemlich schwer herausgestellt, wie man an den jüngsten Landeversuchen gesehen hat.“
Denn so ziemlich alles, was in den vergangenen Monaten versucht hat, den Mond zu erreichen und auf ihm zu landen, musste die Segel streichen. Israel, Japan, die US-Unternehmen Astrobotic und Intuitive Machines – Keine der Sonden erreichte ihr Ziel so wie geplant.
Alle Fehlerquellen wurden behoben – aber man weiß nie, was diesmal passiert.
Trent Martin, Intuitive Machines
Entweder stürzten sie ab oder gerieten bei der Landung in Schieflage. Nur China macht derzeit allen vor, wie’s geht, und hat sogar schon Gestein von der „dunklen Seite des Mondes“ – seiner stets erdabgewandten Rückseite – zur Erde geflogen. Davon kann der Westen im Moment nur träumen.
Aber Joel Kearns bleibt Optimist: neues Jahr, neue Sonden. „Ende Februar wird Amerika einen neuen Schritt wagen bei dem Versuch, Wissenschaft und Kommerzialisierung auf der Mondoberfläche zu verbinden“, sagte er kürzlich. Und meinte die jetzt gestartete zweite Mission von Intuitive Machines, IM-2.
Die Firma soll damit Experimente der Nasa zum Mond transportieren. „Intuitive Machines sind verantwortlich für die Energieversorgung der Nutzlasten, für den Start von der Erde und für die Landung auf dem Mond“, erklärt Nicky Fox aus der Abteilung für wissenschaftliche Missionen der Nasa.
Die Firma biete ihre Dienste Unternehmen, Einzelpersonen, Universitäten oder Weltraumagenturen anderer Länder an, die daran interessiert sind, Dinge zum Mond zu fliegen, sagt Trent Martin, Vizepräsident von Intuitive Machines.
Doch bislang will den Mondlander, eine Art Lastesel, nur die Nasa mieten, wie die Firma zugeben muss. Es gebe noch keinen nennenswerten kommerziellen Markt, sagt Martin: „Wir haben Verträge über drei Missionen abgeschlossen, und auf allen drei Flügen ist die Nasa unser Hauptkunde.“
Ein Lastesel für Mondgepäck
Und so finanziert die US-Raumfahrtbehörde derzeit die privaten Mondmissionen, in dem Wissen, dass die frühen unbemannten Unternehmungen riskant und womöglich nicht erfolgreich sein könnten, so wie der erste Landeversuch der IM1-Mission.
„Aber wir werden dieselben Versuche kein zweites Mal auf späteren Missionen fliegen. Es gibt keine identischen Reserveexperimente“, sagt Nasa-Experte Kearns. Auf der aktuellen Mission, IM-2, sind also keine Versuche an Bord, die retten sollen, was bei IM-1 schiefgegangen ist.
Wir wollen zeigen, dass wir auch mit anderer Technologie als mit Rovern extreme Umgebungen untersuchen können.
Trent Martin, Intuitive Machines
Gut also für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, dass ihr Hüpfroboter erst jetzt, beim zweiten Anlauf, mitfliegt. Das DLR-Institut für Planetenforschung hat zusammen mit der Freien Universität Berlin Hardware für „Grace“ entwickelt. Der Roboter soll sich – nach hoffentlich erfolgreichem Aufsetzen auf der Oberfläche am 6. März – vom Lander trennen und auf eigene Faust in einen Mondkrater hinein hüpfen.
Sprung ins Ungewisse
In diese Krater am Südpol fällt nie ein Sonnenstrahl. Sie liegen in ständiger Dunkelheit und Kälte, sodass sich in ihnen Wassereis Millionen von Jahren lang halten kann. Gleich ihr erster Sprung soll „Grace“ mittels ihres Raketenantriebs etwa 20 Meter vom Lander wegkatapultieren.
Mit weiteren Hüpfern soll sich die Sonde dann einen halben Kilometer weit von der Landestelle entfernen, bis zum Rand des nächstgelegenen Kraters. Aufsetzen soll sie dabei stets auf ihren vier Landebeinen.
Vom Kraterrand aus springt die Drohne erneut rund 20 Meter in die dunkle Tiefe, wo das deutsche Instrument LRAD (Lunar RADiometer) Temperaturmessungen vornehmen wird.
Die Forscher hoffen, während der gesamten Hüpferei und Messerei Funkkontakt mit „Grace“ aufrechterhalten zu können. Aber selbst wenn die Kommunikation abreißt, würde der kleine Springer über eine Timer-Programmierung nach 45 Minuten selbständig wieder aus dem Krater heraushüpfen.
„Damit wollen wir zeigen, dass wir auch mit anderer Technologie als mit Rovern extreme Umgebungen untersuchen können“, erklärt Trent Martin.
Wasserkreislauf auf dem Mond?
Während „Grace“ in der Dunkelheit verschwindet, wird auch um die eigentliche Landeeinheit herum das Terrain erkundet. Die Landesonde ist ein hoher, länglicher, aufrechtstehender, sechseckiger Zylinder, der auf sechs Landebeinen steht – vorausgesetzt das Aufsetzen funktioniert so wie erhofft und berechnet.

© dpa/Intuitive Machines
Unten am Heck soll nach der Landung ein Bohrer ausfahren: TRIDENT (abgekürzt für „The Regolith and Ice Drill for Exploring New Terrain“). Er soll bis in Schichten in einem Meter Tiefe unter der Oberfläche vordringen, in Schritten von jeweils zehn Zentimetern.
Dabei wird das aus dem Mondboden gelöste Gestein nach oben befördert werden, bevor weitere zehn Zentimeter in die Tiefe gebohrt wird.
Noch vor Ort, an der Mondoberfläche, wird ein Spektrometer das Material auf seine Zusammensetzung hin untersuchen, vor allem auf Wasserdampf oder Eis, das darin vermutet wird. Denn womöglich wechselt das Wasser in dieser Umgebung seinen Aggregatzustand.
Diese Erkenntnis wäre wichtig, weil künftige Astronauten daraus Atemluft, Trinkwasser und Treibstoff für die Rückreise zur Erde gewinnen könnten.
„Raumfahrt ist hart, und Mondlandungen sind schwierig“, senkt Trent Martin gleich mal die Erwartungen. „Erst einmal müssen wir senkrecht aufsetzen, um den Bohrer, die Rover und den Hopper entsenden zu können.“ Dieses Szenario soll sich keine 160 Kilometer vom Südpol des Mondes entfernt abspielen.
Sonnenlicht zum Aufladen der Bordbatterie fällt nur für zehn Tage auf den Lander – danach liegt die Landestelle im Schatten und die Mission ist beendet. „Wir sind diesmal besser vorbereitet als beim ersten Mal“, beruhigt Martin. „Alle Fehlerquellen wurden behoben – aber man weiß nie, was diesmal passiert.“
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