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Pando ist ein Klonverbund von rund 47.000 Zitterpappeln in den USA.

© Paul C. Rogers

„Ich breite mich aus“: Einer der ältesten Organismen der Welt

Pando ist ein Klonverbund von rund 47.000 Zitterpappeln in den USA. Nach Erbgutanalysen könnte er so alt sein, dass er schon eine Eiszeit überstand.

Von Alice Lanzke

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Pando, eine riesige Klonkolonie von Zitterpappeln könnte zwischen 16.000 und 80.000 Jahren alt sein. Das berichtet eine US-Forschungsgruppe nach Erbgutanalysen. Das würde den Baumverbund zu einem der ältesten Organismen der Welt machen.

Der Verbund Amerikanischer Zitterpappeln (Populus tremuloides), an einem Hang des Fishlake National Forest in den Bergen des US-amerikanischen Bundesstaats Utah ist mit geschätzt knapp 6000 Tonnen Trockengewicht auch einer der größten Organismen der Welt.

Zu dem Verbund gehören insgesamt 47.000 Bäume, die durch ein unterirdisches Wurzelsystem miteinander verbunden sind, dem sie alle entstammen sollen. Das Wurzelgeflecht treibt immer neue Sprösslinge aus, die das gleiche Erbgut teilen. Der Superorganismus hat gewaltige Ausmaße: Er bedeckt eine Fläche von mehr als 42 Hektar, was der Fläche von etwa 60 Fußballfeldern entspricht. Forschende benannten den Organismus „Pando“, lateinisch für „Ich breite mich aus“.

Mutationen in Blättern, Wurzeln und Rinde

Ein US-amerikanisches Forschungsteam um Rozenn Pineau von der Universität Chicago und Zachariah Gompert von der Utah State University hat nun die Evolutionsgeschichte der Klonkolonie untersucht. Dafür sammelte und sequenzierte die Gruppe über 500 Proben von Pando aus verschiedenen Gewebetypen, darunter Blätter, Wurzeln und Rinde.

Alle Bäume von Pando sind zwar Klone mit zunächst identischem Erbgut. Doch im Laufe der Zeit treten zufällig verteilt Mutationen auf. Da diese Erbgutveränderungen weitergegeben werden – also zum Beispiel von der Wurzel zu den Stämmen, die daraus wachsen – erlaubt eine Analyse der Mutationen Rückschlüsse auf Entwicklung und Alter des Organismus.

In der Studie, die bisher nicht in einem Fachjournal erschienen ist, also nicht unabhängig geprüft wurde, schreiben die Forschenden, dass Pando vermutlich 16.000 bis 80.000 Jahre alt ist. Das würde dazu passen, dass in den Sedimenten am Grund des nahegelegenen Sees „Fish Lake“ Zitterpappelpollen nahezu kontinuierlich vorhanden sind.

Klonen bietet ökologische Vorteile

Die große Altersspanne lässt sich mit der Vorsicht der Forschungsgruppe erklären: Sie könnte Mutationen übersehen oder missinterpretiert haben.

„Unabhängig vom Szenario unterstreichen diese Schätzungen die bemerkenswerte Langlebigkeit des Pando-Klons, der wahrscheinlich mehr als zehntausend Jahre überdauert hat, was ihn zu einem der ältesten lebenden Organismen der Erde macht“, heißt es in der Studie.

Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausführen, biete die klonale Vermehrung viele ökologische Vorteile. „Das horizontale Wachstum durch Wurzel- oder Myzelausbreitung hält nicht nur über lange Zeiträume hinweg an, sondern erleichtert auch die Besiedlung großer Gebiete“, schreiben sie und verweisen auf andere große klonale Verbünde wie etwa bestimmte Seegräser oder Pilze.

Verbiss durch wilde Hirsche und Rinder verhindert teilweise die Verjüngung von Pando.

© Paul C. Rogers

Zudem könnte die klonale im Gegensatz zur sexuellen Fortpflanzung auch evolutionäre Vorteile in schwierigen Umgebungen bieten, etwa bei Bestäubermangel oder Bedingungen, die das Keimen von Samen verhindern.

Sollte Pando älter sein als 20.000 Jahre, hätte der Methusalem-Organismus sogar eine Eiszeit überstanden. Die Gletscher am Fish Lake Plateau lagen zu jener Zeit auf etwa 3000 Metern Höhe und damit oberhalb des Pando-Gebiets auf 2.700 Metern.

Bedrohter Methusalem

Nach Jahrtausenden ist der Zitterpappel-Verbund aber bedroht. Zumindest warnten US-Forscher 2018 im Fachblatt „PLOS One“, dass Maultierhirsche und Rinder neue Triebe abweiden würden. Das liege nicht zuletzt am Menschen, der die natürlichen Feinde der Hirsche, darunter Wölfe, durch Jagd aus der Region fernhalte.

Zum Schutz der Bäume wurden Zäune errichtet. Diese zeigten aber nur für kleinere Gebiete Wirkung, sodass die Klonkolonie mittlerweile deutlich ausgedünnt sei, schrieben die Wissenschaftler damals unter Verweis auf Luftbilder: „Diese erste umfassende Bewertung des Zustands des berühmten Zitterpappelklons von Pando zeigt einen uralten Wald, der durch jüngste menschliche Entscheidungen bedroht ist.“ (dpa)

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