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Wildbienen sind wichtige Bestäuber, sind jedoch besonders gefährdet. Zu diesem Schluss kommt eine Studie Münchner Forscher.

© Michaela Hofmann, LMU München

Insektensterben: Hunderte Wildbienen-Arten in Deutschland gefährdet

Die Honigbiene kennt jeder, aber Wildbienen sind für die Bestäubung vieler Pflanzen mindestens ebenso wichtig. Doch sie sind gefährdet, vor allem auf dem Land.

In Deutschland sind Wildbienen gefährdet. Unter ihnen sind jene Arten, die im Spätsommer auf dem Land Nahrung suchen, am stärksten betroffen. Das ergab eine Studie unter der Leitung von Susanne Renner von der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Andererseits fanden die Biologen das geringste Aussterberisiko bei Bienen, die im Frühjahr fliegen und auch in Städten, vor allem Parks und Gärten, zu finden sind. Die Studie ist in den "Proceedings of the Royal Society B" erschienen. Wildbienen sind als Blütenbestäuber ökologisch und ökonomisch sehr wichtig.

400 Bienenarten untersucht

Wildbienen in Europa leben - im Gegensatz zu den Kolonien der Honigbienen - meist als Einzeltiere. Weibchen lassen sich von Männchen begatten und sorgen danach normalerweise alleine für ihren Nachwuchs. Sie legen ein Nest an, statten es mit Brutzellen aus, füllen diese mit Pollen und Nektar und legen jeweils ein Ei in eine solche Zelle. Dort entwickeln sich die Larven und verpuppen sich. Je nach Art bevorzugen die Bienen dafür Hohlräume in altem Holz, in Mauern - oder Höhlen, die sie im Boden anlegen.

"Allgemein scheint die Artenvielfalt von Bienen aufgrund der intensiven Landwirtschaft und des verstärkten Einsatzes von Pestiziden, die sich beide negativ auf Nahrungsquellen und Nistmöglichkeiten auswirken, rückläufig zu sein", wird Renner in einer Mitteilung ihrer Universität zitiert. Zusammen mit ihrem Team wollte sie herausfinden, welche Eigenschaften einzelne Arten besonders anfällig dafür machen, in manchen Regionen auszusterben.

Von den 561 in Deutschland bekannten Bienenarten untersuchten die Forscher über 400, von denen es ältere Daten gibt und deren aktueller Gefährdungsstatus in der Roten Liste zu finden ist. Demnach sind 16 Arten bereits ausgestorben und rund die Hälfte müssen in einer der Gefährdungskategorien zugeordnet werden. Den Gefährdungsstatus für die einzelnen Arten konnten die Biologen über 40 Jahre verfolgen.

Dann untersuchten sie mittels Computermodellen, welche artspezifischen Eigenschaften das Aussterberisiko am besten voraussagten. Zu diesen Eigenschaften gehören unter anderem der Lebensraum, die Spezialisierung auf bestimmten Pollen, die Körpergröße, die Wahl des Nistplatzes, die Dauer und der Zeitraum der Flugaktivität.

Im Spätsommer fehlen den Bienen die Blüten

Überrascht waren die Forscher von dem Ergebnis, dass es die Gefährdung nicht erhöht, wenn die Wildbienen auf bestimmte Blüten spezialisiert sind. Allerdings steigert die Beschränkung auf einen bestimmten Lebensraum das Aussterberisiko, ebenso wie die Nahrungssuche im Spätsommer. So findet beispielsweise die Zahntrost-Sägehornbiene (Melitta tricincta) auf dem Land nicht mehr genügend Nahrung.

Die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta), die im Frühling ausfliegt, sei dagegen nicht gefährdet. Einen möglichen Grund für den jahreszeitabhängigen Unterschied nennt Renner: "Landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen sind im Spätsommer von Blüten ausgeräumt, während es im Frühling wenigstens noch Massenpflanzen wie Raps und blühende Obstplantagen gibt."

Auch sind größere Bienen, dazu zählen auch die Hummeln, stärker gefährdet als kleinere. Sie brauchen mehr Nahrung und benötigen ein größeres Gebiet, in dem sie auf Nahrungssuche gehen.

Insgesamt aber könnten die Bienen in Deutschland aber möglicherweise sogar vom Klimawandel profitieren: "Kürzere Winter, frühere Frühlinge und erhöhte Durchschnittstemperaturen in Mitteleuropa dürften für viele Bienenarten von Vorteil sein, da die Superfamilie Apoidea weltweit im Mittelmeerklima am artenreichsten ist", schreiben die Forscher in ihrer Studie. Zu dieser Gruppe zählen alle Bienenarten.

Auf Pestizide und Mähroboter verzichten

Nach Einschätzung der Forscher dürften Bienen auch von jenen umweltfreundlichen Anbaumethoden profitieren, die im Volksbegehren zur Artenvielfalt ("Rettet die Bienen") in Bayern gefordert werden, beispielsweise Blühstreifen, Ackerrandstreifen mit Unkräutern oder selteneres Mähen von Wiesen. "Aber auch Hobbygärtner können jetzt schon Bienen helfen, indem sie auf vielfältige Hausgärten ohne Pestizide und Mähroboter setzen", betont Renner.

Mehr und verschiedene Spätblüher in Gärten wären wahrscheinlich auch sinnvoll, um gerade jenen besonders bedrohten, später im Jahr aktiven Bienen zu helfen. Auch Nisthilfen, etwa vielfach angebohrte Hölzer, sind sinnvoll. Im Boden brütende Arten schützt man am besten, indem man möglichst viele Bereiche des Gartens nicht umgräbt oder hackt.

Erst kürzlich hatte ein Forscherteam in einem Übersichtsartikel berichtet, dass mehr als 40 Prozent der Insekten weltweit vom Aussterben bedroht sind. Hautflügler, zu denen Bienen zählen, gehören demnach zu den am stärksten gefährdeten Gruppen. (rif/dpa)

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