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Im Alter von drei bis vier Jahren zeigen Kinder ihre Aggressionen einer Studie zufolge am deutlichsten. Erst danach bekommen sie die Gefühle in den Griff - meistens.

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Verhaltensforschung: Kinder sind mit dreieinhalb am aggressivsten

Die meisten Kinder werden nach einer rüpelhaften Kleinkindphase weniger aggressiv. Forscher haben untersucht, warum das nicht für alle gilt.

Sie hauen, beißen, kneifen. Kleine Kinder können erschreckend brutal sein. Nun haben Forscher die Aggressivität des heranwachsenden Nachwuchses untersucht. Demnach nimmt die körperliche Rüpeligkeit zunächst zu, erreicht bei etwa Dreieinhalbjährigen ein Maximum und schwindet dann bis zum Grundschulalter wieder. Die Ergebnisse der Beobachtungsstudie zur Entwicklung von 2223 Kindern wird im medizinischen Fachjournal "Jama Network Open" vorgestellt.

Nicht jedes Kind bekommt seine Aggressionen in den Griff

Die Analyse hat einen ernsten Hintergrund: Nicht bei jedem Kind nimmt die frühkindliche Aggressivität wieder ab. Ein kleiner Teil neigt auch noch in jugendlichem Alter erheblich zu körperlicher Gewalt, verbunden mit einem höheren Risiko für Gewaltdelikte, gestörtem Sozialverhalten, Schulversagen sowie Drogen- und Alkoholmissbrauch. Doch warum?

Die Forscher um Richard Tremblay von der Universität Montreal (Kanada) haben Risikofaktoren dafür ausgemacht. Dazu gehörten vor allem familiäre Umstände im Kleinkindalter: Eltern mit geringem Ausbildungsgrad oder Depressionen, ein geringer sozioökonomischer Status der Familie, eine hohe Zahl von Geschwistern.

Bei Hochrisikofamilien könne es sinnvoll sein, schon während der Schwangerschaft und im Kleinkindalter mit gezielten Maßnahmen einzugreifen, meinen die Forscher. Das könnte vermeiden helfen, dass Kinder anhaltend aggressiv sind.

In die Studie waren Angaben von Müttern, Lehrern sowie von 1997 und 1998 in der Provinz Quebec geborenen Jungen und Mädchen eingeflossen. Die Mütter wurden sieben Mal befragt - jeweils wenn ihr Kind eineinhalb, zweieinhalb, dreieinhalb, viereinhalb, fünf, sechs und acht Jahre war. Angaben der Lehrer wurden jährlich für sechs bis dreizehn Jahre alter Kinder erfasst. Hinzu kamen Befragungen der Mädchen und Jungen im Alter von zehn, zwölf und dreizehn Jahren.

Mit Beginn der Schule nehmen körperlichen Übergriffe zu

Als aggressives Verhalten wurde gewertet, wenn das Kind sich häufig körperliche Auseinandersetzungen lieferte, andere Kinder biss, schlug oder trat oder auf andere Weise physisch attackierte. Mädchen wurden generell als weniger aggressiv eingestuft als Jungen. Zudem gab es bei Jungen größere individuelle Unterschiede.

Bei den sechs Prozent der Jungen, die von sich selbst und Lehrern als Sechs-bis Dreizehnjährige als hoch aggressiv eingestuft wurden, gab es nach Angaben der Mütter häufig einen deutlichen Anstieg körperlicher Übergriffe mit Beginn der Schule. Bis zum Alter von fünf Jahren hätten sie sich nach Aussagen der Mütter oft nicht als sonderlich auffällig gezeigt.

Bei den Mädchen stellten die Forscher fest, dass Kinder, die schon sehr früh als aggressiv bewertet wurden, dies auch als Grundschülerinnen blieben. Eine mögliche Ursache dafür könne allerdings sein, dass die Mütter solches Verhalten bei Töchtern eher als abweichend einstuften als bei Söhnen, geben die Forscher zu bedenken.

Annett Stein (dpa)

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