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Kippt die Natur als Klimapuffer?: „Es zeigen sich immer mehr Risse in der Belastbarkeit des Erdsystems“
Die Erde verliert offenbar zunehmend ihre Fähigkeit, vom Menschen verursachte Emissionen aufzunehmen. Hält diese Entwicklung an, rechnet Klimaforscher Johan Rockström mit katastrophalen Folgen.
Stand:
Herr Rockström, es gibt Hinweise darauf, dass die Natur immer weniger Kohlendioxid aufnimmt. Was passiert da gerade?
Bisher hat uns die Natur geholfen, unseren Raubbau an ihr auszugleichen. Natürliche Klimasenken, also Böden, Wälder und Ozeane, haben bisher etwa die Hälfte aller vom Menschen verursachten Emissionen aufgenommen. Der gesamte Planet Erde wird von diesen Senken dominiert. Nun zeigen sich immer mehr Risse in der Belastbarkeit des Erdsystems, die Fähigkeit, Emissionen zu absorbieren, nimmt ab.
Wie muss man sich das vorstellen?
Das globale Ozeansystem nimmt 90 Prozent der Wärme auf, die bei der Verbrennung fossiler Energieträger entsteht. Circa 25 Prozent der vom Menschen verursachten Kohlendioxid-Emissionen werden von den Ozeanen aufgenommen. Das ist einer der größten Puffer, der den Planeten in Stresssituationen stabilisiert. Weitere circa 30 Prozent werden an Land gebunden. Im Durchschnitt werden jährlich circa 20 von 40 Milliarden Tonnen fossiler CO₂-Emissionen absorbiert, je zur Hälfte an Land und im Meer. Das große Problem ist nun, dass wir die ersten Anzeichen dafür sehen, dass der Planet diese Fähigkeit verlieren könnte.
Es gibt Daten aus Deutschland, die zeigen, dass die Wälder ihre CO₂-Aufnahmegrenze erreicht haben könnten.
Johan Rockström, wissenschaftlicher Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK)
Ist das irreversibel?
Es ist noch zu früh, um zu sagen, ob es sich um ein vorübergehendes Phänomen, einen Wendepunkt oder einen unumkehrbaren Trend handelt. Es ist ein erstes beunruhigendes Zeichen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass Vegetation und Böden im Jahr 2023 fast kein CO₂ mehr aufgenommen haben. Normalerweise wären etwa 10 Milliarden Tonnen aufgenommen worden. Die Ozeane nehmen weiterhin gut 25 Prozent Kohlendioxid auf.
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